Entscheidungsstichwort (Thema)

Familiengerichtliche Genehmigung einer Elternvereinbarung. Familiengerichtliche Genehmigung einer Elternvereinbarung bei Wechselbetreuung und hoher Bindungstoleranz beider Eltern

 

Leitsatz (amtlich)

Familiengerichtliche Genehmigung einer Elternvereinbarung in Bezug auf das sog. "Wechselmodell".

 

Normenkette

BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Marienberg (Beschluss vom 29.01.2004; Aktenzeichen 2 F 0059/03)

 

Tenor

I. Die Elternvereinbarung zwischen den Parteien, wonach die elterliche Sorge für die beiden Kinder C.H., geb. 1997, und N.H., geb. 2000, von ihnen gemeinsam ausgeübt wird, wobei die Kinder jeweils in den geraden Kalenderwochen des Jahres bei der Mutter und in den ungeraden Kalenderwochen des Jahres bei dem Vater aufhältig sind und dieser Wechsel vom Vater zur Mutter jeweils am Freitag in der Form stattfindet, dass derjenige Elternteil, bei dem die Kinder in der nächsten Woche wohnen, die Kinder von der Schule bzw. vom Kindergarten abholt bzw. in den Fällen, in denen Schule oder Kindergarten geschlossen sind, freitags um 17.00 Uhr von der Wohnung des anderen Elternteils abholt, wird familiengerichtlich genehmigt.

II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt. Die Vereinbarung der Parteien hat einen Mehrwert von 2.150 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die beiden Söhne C., geb. 1997, und N., geboren 2000, hervorgegangen. Mit der Trennung der Parteien im Januar 2003, anlässlich derer die Mutter mit den Kindern zunächst zu ihren Eltern innerhalb desselben Dorfes zog, haben die Kinder überwiegend bei der Mutter gewohnt. Nachdem der Vater die Kinder zunächst täglich dort abgeholt und in den Kindergarten gebracht hatte, wurde ab Mai 2003 folgende Regelung praktiziert: Der Vater hatte beide Kinder jede zweite Woche montags bis freitags von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr zum Umgang bei sich, in den jeweils dazwischen liegenden Wochen brachte er sie täglich früh zum Kindergarten. An jedem zweiten Wochenende waren die Kinder beim Vater aufhältig.

Im erstinstanzlichen Verfahren haben beide Eltern die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes jeweils auf sich beantragt. Mit Beschluss vom 29.1.2004 hat das AG - FamG - Marienberg folgende Regelung getroffen: Die Kinder halten sich in jeder ersten und dritten vollen Kalenderwoche des Monats beim Vater und in jeder zweiten und vierten vollen Kalenderwoche bei der Mutter auf, wobei die Kinder jeweils sonntags um 18.00 Uhr zum anderen Elternteil gebracht werden sollten. Jeden Mittwochnachmittag von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr sollten die Kinder bei demjenigen Elternteil verbringen, bei dem sie sich in der betreffenden Woche nicht aufhalten.

Gegen diesen Beschluss hat die Mutter frist- und formgerecht Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgt hat, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder auf sich übertragen zu bekommen. Der Vater ist der Beschwerde entgegengetreten mit dem Ziel der Aufrechterhaltung des amtsgerichtlichen Beschlusses. Beide Parteien waren sich darüber einig, dass bei der konkreten vom AG getroffenen Regelung die Kinder weitaus häufiger beim Vater als bei der Mutter sind. Insoweit war auch der Vater zu einer Korrektur des Beschlusses bereit.

Der Senat hat beide Parteien und die Kinder angehört sowie die örtlichen Gegebenheiten beim Vater und der Mutter in Augenschein genommen. Das Jugendamt hat eine ergänzende Stellungnahme abgegeben. Im Anhörungstermin am 18.5.2004 haben die Eltern sodann eine Elternvereinbarung zugunsten des Wechselmodells getroffen sowie sich hinsichtlich des Kindergeldbetrages und der Berechtigung zur Wahl der Steuerklasse 2 geeinigt und sich gegenseitig von Barunterhaltsansprüchen der Kinder freigestellt.

II. Die Vereinbarung, mit der die Eltern für den Aufenthalt der Kinder das sog. Wechselmodell in der aus dem Tenor ersichtlichen Form festlegen, war zu genehmigen, da dieses im vorliegenden Fall dem Wohl der beiden vier und sechs Jahre alten Söhne am besten entspricht.

1. Allgemein gültige kinderpsychologische Erkenntnisse zum Wechselmodell und seiner Auswirkung auf das Kindeswohl liegen - soweit ersichtlich - nicht vor. In Ermangelung ausreichenden Datenmaterials bzw. entsprechender empirischer Studien sind konkrete Erkenntnisse wohl auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. (Eine Darstellung zum Stand der Forschung findet sich bei Bausermann, Journal of Family Psychology 2002, Vol. 16, S. 91-102; Maccoby/Mnookin, FamRZ 1995, 1 ff.). Die Diskussion erscheint stark umstritten, wird zum Teil wohl auch recht dogmatisch bzw. emotional betrachtet.

Es lassen sich aber folgende Vorteile eines Wechselmodells ausmachen:

  • Aufrechterhaltung enger Eltern-Kind-Beziehung zwischen den Kindern und beiden Elternteilen, das Kind erlebt den Alltag mit beiden Eltern.
  • Beide Elternteile bleiben in der Verantwortung für ihre K...

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