Leitsatz (amtlich)

Auch für einen Nachschlüsseldiebstahl greift die Beweiserleichterung des "äußeren Bildes", wenn der Versicherungsnehmer konkrete Umstände beweist, die es nach der Lebenserfahrung wahrscheinlicher machen, dass nicht ein richtiger Schlüssel, sondern ein Nachschlüssel benutzt wurde.

Hinweis:

Mit Beschluss vom 23. März 2018 wurde der Berufungskläger nach Rücknahme der Berufung des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 1327/16)

 

Tenor

1. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 03.04.2018 wird aufgehoben.

2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO zurückzuweisen.

3. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen nach Erhalt dieses Beschlusses. Innerhalb dieser Frist besteht ebenfalls Gelegenheit zur Rücknahme der Berufung, was der Senat - auch zur Vermeidung weiterer Kosten - empfiehlt.

 

Gründe

Der Senat ist nach einer Vorberatung einstimmig davon überzeugt, dass der Berufung des Klägers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg zukommt und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO gegeben sind. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Dem Kläger steht aufgrund des behaupteten Schadenereignisses vom 06.02.2013 kein Anspruch gegenüber der Beklagten aus der Hausratversicherung (§ 3 Allgemeine Hausratversicherungsbedingungen VHB 2008) zu.

1. Der Kläger hat den erforderlichen Beweis für einen versicherten Einbruchsdiebstahl nicht erbracht. Der Kläger ist als Versicherungsnehmer für den versicherten Einbruchsdiebstahl darlegungs- und beweispflichtig. Er genügt seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung darlegt und nachweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen (vgl. BGH, VersR 2015, 710; BGH, VersR 1995, 956). Zu dem Minimum an Tatsachen, die das äußere Bild ausmachen, gehört, dass die als gestohlen bezeichneten Sachen vor dem behaupteten Diebstahl am angegebenen Ort vorhanden und danach nicht mehr aufzufinden waren. Zudem gehört dazu, dass Einbruchsspuren vorhanden sind, wenn nicht ein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht kommt (vgl. BGH, aaO.). Nur dann ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf einen Einbruchsdiebstahl zu schließen. Vorliegend waren jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts keine Einbruchsspuren vorhanden. Denn nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen (vgl. Bl. 4 f. der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Dresden zum Az. 103 UJs 16274/13) waren die Türen und Fenster des Wohnhauses unversehrt und auch keine anderen Spuren festzustellen, die für ein gewaltsames Eindringen in das Gebäude sprachen (vgl. KG VersR 2010, 1077).

2. Danach käme allenfalls ein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht, dessen Nachweis dem Kläger jedoch ebenfalls nicht gelungen ist. Zwar kann auch ein Nachschlüsseldiebstahl in erleichterter Form bewiesen werden. Der Versicherungsnehmer genügt insoweit seiner Beweislast schon dann, wenn er konkrete Umstände beweist, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass ein Nachschlüssel benutzt wurde. Da allgemein die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht, genügt es, dass die Verwendung richtiger Schlüssel unwahrscheinlich oder von mehreren möglichen Begehungsweisen die versicherte wahrscheinlicher ist (vgl. BGH, VersR 1991, 543; OLG Hamm, VersR 2000, 357; KG, VersR 2010, 1077; Beckmann u.a., VersR-Handbuch, 3. Aufl., § 23 Rz. 217 m.w.N.). Vorliegend sind keine ausreichenden Umstände feststellbar, die in der Gesamtschau den Schluss zulassen, dass die Verwendung eines richtigen Schlüssels unwahrscheinlich ist bzw. für die versicherte Möglichkeit des Nachschlüsseldiebstahls eine größere Wahrscheinlichkeit spricht.

Zwar waren auf einem der beiden Schlüssel, die am 06.02.2013 durch die Ehefrau des Klägers den ermittelnden Polizeibeamten übergeben worden sind, im hinteren Bereich Schartenspuren feststellbar, wie sie ausweislich des Untersuchungsberichtes des Landeskriminalamtes Sachsen vom 11.03.2014 häufig beim Anfertigen von Schlüsselkopien (Nachschlüsseln) auf einer mechanischen Schlüsselkopierfräsmaschine verursacht werden (s. Bl. 67 ff. der beigezogenen Ermittlungsakte). Dieser Umstand reicht vorliegend für sich allein jedoch nicht zum (erleichterten) Beweis eines Nachschlüsseldiebstahls aus. Denn insoweit ist gleichermaßen zu berücksichtigen, dass durch die Ehefrau des Klägers am 06.02.2013 den ermittelnden Polizeibeamten nur zwei Originalschlüssel ausgehändigt worden sind. Zu einem vollständigen Schlüsselsatz gehörten vorliegend jedoch drei Originalschlüssel, die der Kläger bei der Hausabnahme im Herbst 2012 auch erhalten hat (vgl. Anlage K 4). Die Erklärung des Klägers bzw. seiner Ehefrau dazu, warum den ermittelnden Polizeibeamten am 06.02.2013 der...

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