Normenkette

GmbHG § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 2, § 9c Abs. 1, § 54

 

Verfahrensgang

LG Bückeburg (Beschluss vom 22.03.2002; Aktenzeichen 4 T 6/02)

 

Tenor

In dem Handelsregisterverfahren … wird die weitere Beschwerde vom 15.4.2002 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Bückeburg vom 22.3.2002 dem BGH vorgelegt.

 

Gründe

Der Senat teilt die Auffassung der Vorinstanzen und möchte deshalb die weitere Beschwerde zurückweisen. Er sieht sich hieran jedoch durch die Entscheidungen des BayObLG vom 24.3.1999 (BayObLG v. 24.3.1999, GmbHR 1999, 607) und des OLG Frankfurt vom 14.5.1991 (OLG Frankfurt v. 14.5.1991 – 20 W 419/90, GmbHR 1992, 456) gehindert, von denen er in diesem Fall abweichen würde. Die Sache ist deshalb gem. § 28 FGG dem BGH zur Entscheidung vorzulegen.

Entgegen einer verschiedentlich vertretenen, vom BayObLG und vom OLG Frankfurt in den zitierten Entscheidungen geteilten Auffassung (vgl. etwa Bärwaldt/Schabacker, GmbHR 1998, 1005 [1008 ff.]; Banerjea, GmbHR 1998, 814 [815]; Meller-Hannich, ZIP 2000, 345 [347 ff.]; einschränkend Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 3 Rz. 8, der lediglich die neuen Gesellschafter der Differenzhaftung unterwerfen will), aber mit der wohl herrschenden Ansicht (vgl. AG Duisburg v. 21.11.1996 – 8 AR 71/96, Rpfleger 1997, 219; OLG Frankfurt GmbHR 1999, 32 [33]; LG Frankfurt/O. v. 31.8.2000 – 32 T 14/99, DB 2001, 692; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rz. 39; Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., § 3 Rz. 22; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 3 Rz. 15; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 4 Abs. 3 S. 3, S. 74 ff.; Priester, DB 1983, 2291 [2295 ff.]; Ulmer, BB 1983, 1123 [1125 f.]; Ihrig, BB 1988, 1197 [1201 ff.]; Schick, GmbHR 1997, 982 [984 ff.]) hält der Senat eine Prüfungskompetenz des Registergerichts jedenfalls insoweit für gegeben, als es um die Mindestkapitalausstattung einer GmbH geht, deren Gesellschaftszweck, Firma, Sitz pp. aus Anlass der Übernahme einer „offenen Vorratsgesellschaft” geändert werden sollen. In diesen Fällen sind nach der Ansicht des Senats bei der registergerichtlichen Prüfung nach § 54 GmbHG die Vorschriften der §§ 8 Abs. 2, 7 Abs. 2 GmbHG entsprechend anwendbar.

I. Eine entsprechende Anwendung der genannten Vorschriften ist geboten, weil das Gesetz diesen Fall der Änderung des Gesellschaftsvertrages einer als offene Vorratsgesellschaft gegründeten GmbH nicht besonders geregelt hat, eine planwidrige Regelungslücke vorliegt und die Interessenlage mit derjenigen bei einer Neugründung der GmbH jedenfalls insoweit vergleichbar ist, als es um die Gewährleistung der Mindestkapitalausstattung geht.

1. Zwar liegt formal keine Neugründung einer GmbH vor. Der Sache nach handelt es sich jedoch um eine solche („wirtschaftliche Neugründung”), so dass zumindest die Vorschriften über die Mindestkapitalausstattung, die Mindesteinzahlung, die Sacheinlagen und die Gründungsprüfung anzuwenden sind (Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., § 3 Rz. 22), da der Schutzzweck dieser Vorschriften ansonsten nicht eingehalten würde (zu dem dann im Hinblick auf die Strenge der Kapitalaufbringungsvorschriften auftretenden Wertungswiderspruch vgl. Börner, Anm. zu OLG Frankfurt GmbHR 1999, 32 [34 l. Sp.]). Ob dies für jeden Mantelkauf gilt, und ob Bezugspunkt für die Kapitalsicherung das gesellschaftsvertraglich fixierte Grundkapital ist oder das gesetzlich geforderte Mindestkapital (vgl. dazu die Nachweise bei BayObLG GmbHR 1999, 607 r.Sp.), bedarf für die Entscheidung dieses Falles keiner abschließenden Bewertung.

Jedenfalls für die hier vorliegende offene Vorratsgründung ist eine Anwendung von § 8 Abs. 2 GmbHG erforderlich, um einen möglichst weitgehenden Schutz der Gläubiger sicherzustellen. Zwar führt die Anwendung der einschlägigen Vorschriften des GmbHG (§§ 5 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, 9, 9a und 11 Abs. 2) nicht so weit, dass man bei der Errichtung eines „Mantels” die Nichtigkeit dieses Rechtsgeschäfts nach § 134 BGB – oder § 117 BGB – annehmen müsste. Vielmehr ist die offene Vorratsgründung als zulässig anzusehen (vgl. BGH v. 16.3.1992 – II ZB 17/91, BGHZ 117, 323 = AG 1992, 227 = MDR 1992, 654 = GmbHR 1992, 454), weil für den Erwerber ein wirtschaftlich anerkennenswertes Bedürfnis besteht, die Dauer des Eintragungsvorgangs zu verkürzen und so über eine Kapitalgesellschaft verfügen zu können, die ihren Geschäftsbetrieb umgehend aufnehmen kann (BGH v. 16.3.1992 – II ZB 17/91, BGHZ 117, 323 [332] = AG 1992, 227 = MDR 1992, 654 = GmbHR 1992, 451 [454 r.Sp.]). Trotzdem handelt es sich um die Aufspaltung eines Vorgangs, den das Unternehmen „an sich” einheitlich hätte durchlaufen müssen. Gesetzgeberisches Leitbild ist nämlich der typische enge zeitliche Zusammenhang zwischen Gründung sowie Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister und der Aufnahme der Geschäfte. Wenn diese Vorgänge nunmehr – jedenfalls bei der offenen Vorratsgründung aufgrund planmäßigen Handelns – auf unbestimmte Zeit aufgespalten werden, weil die ursprüngliche Gesellschaft inaktiv w...

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