Leitsatz (amtlich)

Zur Verletzung eines Kindes durch den Biss eines angepflockten Esels auf dem Gelände eines als kinderfreundlich angebotenen Hotels in Tunesien.

 

Normenkette

BGB § 823

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Aktenzeichen 8 O 3251/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Hannover vom 8.2.2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers übersteigt nicht 20.000 Euro.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der zum Vorfallszeitpunkt 9 Jahre und 10 Monate alte Kläger verlangt von der beklagten Reiseveranstalterin Schmerzensgeld und Ersatz von Zukunftsschäden, weil ihn während eines Urlaubsaufenthaltes in Tunesien ein Esel in den Unterarm biss.

Die Eltern des Klägers hatten für sich, den Kläger und dessen jüngeren Bruder für die Zeit vom 28. August bis 11.9.2000 eine Pauschalreise nach …/Tunesien gebucht. Am 5.9.2000 biss ein angepflockter Esel den Kläger, als dieser sich dem Tier in Begleitung seines jüngeren Bruders näherte. Das Tier wurde unstreitig regelmäßig dazu eingesetzt, Müllbehältnisse am Strand zu tragen, wenn der Strand – außerhalb des Hotelgeländes – durch eine vom Hotelpersonal beauftragte Person gereinigt wurde. Zum Ort, an dem der Esel angepflockt war, hatte die Beklagte in erster Instanz vorgetragen, der Esel habe naturgemäß nicht mitten im Hotelgelände gestanden, „sondern auf einem kleinen, abseitigen Wiesenteil, der am äußersten Rand der Hotelanlage hinter der Küche lag und nur über einen Betriebshof, vorbei an Mülltonnen und sonstigen Gerätschaften, erreicht werden kann” (GA 31 f.). Auf diesen Vortrag hatte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 28.8.2001 in der folgenden Weise reagiert:

„Auch der Hinweis der Beklagten, dass der Esel sich nicht mitten im Hotelgelände, sondern auf einem kleinen, abseitigen Wiesenteil am äußersten Rand der Anlage hinter der Küche befunden hat, geht fehl. Wer für Hotelanlagen, die besonders kinderfreundlich sind, wirbt, der muss auch wissen, dass Kinder nicht unbedingt mitten auf der Hotelwiese spielen, sondern von einer kindertypischen Neugier getrieben, auch in den Winkeln auf „Abenteuersuche” gehen …

Eine Pflichtverletzung lag eben genau hierin, dass man angenommen hat, dass dort, wo der Esel unbeaufsichtigt angepflockt war, nämlich im „hintersten Winkel”, erreichbar nur über den unattraktiven Küchenvorhof ohnehin kein Hotelgast geht, sodass weitere Vorsichtsmaßnahmen entbehrlich sind.”

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nicht Tierhalterin des Esels gewesen, weil feststehe, dass der nicht zum Personal gehörende Halter des Esels vom Hotel beauftragt worden sei, den Strand zu reinigen. Auch eine eigene Verkehrssicherungspflicht habe die Beklagte nicht verletzt. Dergleichen komme nur in Betracht, wenn Tiere in der Anlage für die Gäste vorgehalten würden. So habe es beim in Rede stehenden Esel jedoch nicht gelegen. Zurückzuführen sei die Verletzung des Klägers nach Ansicht der Kammer vielmehr auf eine Verletzung der Aufsichtspflicht der Eltern, die damit hätten rechnen müssen, dass Kinder im Alter des Klägers die Hotelanlage in allen Richtungen erkunden würden.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Der Kläger erweitert und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und stützt sich allein noch auf eine mögliche Verkehrssicherungspflichtverletzung durch die Beklagte. Er meint, in einem explizit als kinderfreundlich angepriesenen Hotel müsse der Reiseveranstalter damit rechnen, dass die jungen Gäste an alle Orte des Hotelgeländes gehen würden. Gerade weil Esel ihrer Natur nach keilen und beißen könnten, habe es der Beklagten oblegen, dafür zu sorgen, dass das Tier nicht uneingezäunt und unbeaufsichtigt bleiben konnte.

Zum Ort des Geschehens trägt der Kläger nunmehr vor, dass das Tier zwar in der äußersten Ecke der Hotelanlage angebunden gewesen sei, indes in unmittelbarer Nähe der Sportanlagen und keineswegs vom übrigen Bereich durch Gebäude oder sonstige Hindernisse abgegrenzt, sondern frei zugänglich.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld wegen der am 5.9.2000 erlittenen Bissverletzung und Attestkosten i.H.v. 146,20 DM (= 74,75 Euro) zu zahlen,

sowie

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus der Tierbissverletzung vom 5.9.2000 zu ersetzen, soweit nicht ein gesetzlicher Forderungsübergang auf Sozialversicherungsträger erfolgt (ist).

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Auch sie erweitert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie behauptet, das Tier sei gutartig und folglich sei der Biss nur dadurch erklärlich, dass der Kläger den Esel geärge...

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