Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Nach § 34 Abs.5 MBO setzt eine zulässige Verweisung an einen bestimmten Leistungserbringer durch den Arzt lediglich voraus, dass ein hinreichender Grund dafür vorliegt. Dessen Benennung gegenüber dem Patienten ist berufs und wettbewerbsrechtlich nicht erforderlich.

  • 2.

    Die Bequemlichkeit der Hörgeräteversorgung, die allein darin liegt, dass dem Patienten wegen des sogleich bei seinem Arzt vorgenommenen Ohrabdrucks ein weiterer Weg erspart bleibt, kann einen hinreichenden Grund im Sinne des § 34 Abs.5 MBO darstellen.

 

Verfahrensgang

LG Stade (Entscheidung vom 29.10.2007; Aktenzeichen 8 O 10/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.01.2011; Aktenzeichen I ZR 111/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer (Kammer für Handelssachen) des

Landgerichts Stade vom 29. Oktober 2007 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Hilfsanschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert im Berufungsverfahren wird auf 30.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Klägerin, eine Hörgeräteakustikermeisterin mit Betrieben in B. und C., nimmt den in C. niedergelassenen beklagten HNOArzt auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch, weil er angeblich regelmäßig Patienten mit Verordnungen zur Hörgeräteversorgung an die seit September 2004 bestehende Filiale der Firma f. h. AG in C. verweise.

Die Zeugen H. und M. B. führten am 29. Mai 2006, die Zeuginnen S. und O. am 13. November 2006 einen Testbesuch bei dem Beklagten durch. Der Inhalt der dabei zwischen den Zeugen und dem Beklagten geführten Gespräche zur Hörgeräteversorgung ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte, der sich unstreitig - zunächst als Aktionär an der Firma f. h. AG beteiligt hatte, halte noch heute Aktien dieser Firma. Dass Patienten des Beklagten sie - die Klägerin - nicht mehr mit dessen Verordnungen aufsuchten, beruhe darauf, dass der Beklagte seine Patienten, soweit sie nicht ausdrücklich selbst einen anderen Hörgeräteakustiker benennen, ausschließlich dem Geschäft der f. h. AG in C. zuweise. Sachliche Gründe für diese Verweisung lägen nicht vor.

Die Klägerin hat beantragt,

    • 1 a)

      den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Patienten an Geschäfte der f. h. AG, M., B. - insbesondere das Geschäft der f. h. AG in C. - mit Verordnungen zur Versorgung mit Hörgeräten zu verweisen, solange er mittelbar oder unmittelbar Aktien oder andere geselllschaftsrechtliche Beteiligungen an diesem Unternehmen hält,

    • 1 b)

      hilfsweise,

      den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Patienten an Geschäfte der f. h. AG - insbesondere das Geschäft der f. h. AG in C. - mit Verordnungen zur Versorgung mit Hörgeräten zu verweisen, falls dies im Zusammenhang damit geschieht, dass er von den Patienten zuvor einen Ohrabdruck genommen hat und/oder den Patienten mitteilt, dass dieser Abdruck unmittelbar von ihm der Filiale der f. h. AG zugeleitet werde, solange er mittelbar oder unmittelbar Aktien oder andere gesellschaftsrechtliche Beteiligungen an diesem Unternehmen hält,

    • 1 c)

      hilfsweise,

      den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Patienten an Geschäfte der f. h. AG - insbesondere das Geschäft in C. - mit Verordnungen für Hörgeräte zu verweisen, solange er Aktien oder sonstige gesellschaftsrechtliche Beteiligungen an diesem Unternehmen hält, ohne die Patienten darauf hinzuweisen, dass er an der f. h. AG als Aktionär bzw. in anderer Form gesellschaftsrechtlich beteiligt ist,

    • 1 d)

      hilfsweise,

      den Beklagten nach Maßgabe der Anträge 1 a) bis 1 c) mit der Maßgabe zur Unterlassung zu verurteilen, "solange er oder nahe Verwandte Aktien oder sonstige gesellschaftsrechtliche Beteiligungen an der f. h. AG halten",

    • 1 e)

      hilfsweise,

      den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Patienten an Geschäfte der f. h. AG, M., B. - insbesondere das Geschäft der f. h. AG in C. - mit Verordnungen zur Versorgung mit Hörgeräten zu verweisen, sofern dafür kein hinreichend sachlicher Grund vorliegt und/oder die Patienten nicht darüber aufgeklärt werden, dass dieselbe Versorgungsleistung auch durch alle anderen Hörgeräteakustiker in C. erbracht werden kann,

    • 1 f)

      hilfsweise

      den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Patienten an Geschäfte der f. h. AG, M., B. - insbesondere das Geschäft der f. h. AG in C. - mit Verordnungen zur Versorgung mit Hörgeräten zu verweisen, sofern dafür kein hinreichend sachlicher Grund vorliegt und/oder die Patienten nicht darüber aufgeklärt werden, dass dieselbe Versorgungsleistung auch durch alle anderen Hörgeräteakustiker in C. erbracht werden kann, falls dies im Zusammenhang damit geschieht, dass der Beklagte den Patienten einen Ohrabdruck abnim...

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