Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufspflichtverletzung

 

Tenor

Die Berufung wird auf Kosten der Steuerberaterkammer Niedersachsen verwerfen.

Dieser werden auch die dem Beschuldigten im Verfahren erwachsenen notwendigen Auslagen überbürdet.

 

Gründe

Die Hauptverhandlung vor dem, Senat hat folgenden Sachverhalt ergeben:

Der Beschuldigte ist nach dem Studium der Volkswirtschaft sowie der Rechtswissenschaften, praktischer Tätigkeit in verschiedenen Wirtschaftszweigen, der Referendarausbildung und einer Tätigkeit als Angestellter bei, einem Stuttgarter Wirtschaftsprüfer am 1. Januar 1964 als Angestellter in die Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatersozietät … u.a. in … eingetreten. Dort hatte er nach dem Anstellungsvertrag ein Jahreseinkommen von 14 Monatsgehältern in Höhe von zunächst 1.500,– DM, außerdem Tantiemen mit einem Jahresdurchschnitt von 4.000,– DM. Am 21. Februar 1967 legte der Beschuldigte die Steuerberaterprüfung ab. Ende März 1967 schied er auch der Sozietät aus und eröffnete eine eigene Steuerberaterpraxis. Im Herbst 1967 bestand der Beschuldigte das Wirtschaftsprüferexamen; er wurde am 7. Dezember 1967 als Wirtschaftsprüfer vereidigt. Ebenfalls im Herbst 1967 erhielt er seine Zulassung als Rechtsanwalt.

Zum Mandantenkreis der Steuerberatersozietät … u.a. gehörte eine Gruppe von 37 Firmen des Baugewerbes, die sogenannte „…”, die im wesentlichen von einem Einzelunternehmer betrieben wurde, Die steuerberatende Tätigkeit der Sozietät für diese Firmengruppe war vertraglich geregelt. Ob und in welchem Umfang der Beschuldigte als Angestellter der Sozietät für die … gearbeitet hat, ist nicht festgestellt worden.

Nach seinem Ausscheiden aus der Steuerberatersozietät hat der Beschuldigte die Beratung von 24 Einzelfirmen der … übernommen. Dieser Teil der Firmengruppe kündigte den Steuerberatungsvertrag mit der Steuerberatersozietät unter Einhaltung der Kündigungsfrist von drei Monaten zum Jahresende 1967. Sodann übertrugen diese Firmen die steuerrechtliche und anwaltliche Beratung dem Beschuldigten, der ab 1. Januar 1968 „pauschal eingeschaltet” wurde. Vor diesem Zeitpunkt ist die Firmengruppe nur in Personalfragen vom Beschuldigten beraten worden. Eine weitere Gesellschaft oder Firma beratersozietät gebunde war, beriet der Beschuldigte Schon im Jahre 1967. Es wird dem Beschuldigten nicht vorgeworfen, von sich, aus etwas unternommen zu haben, was die Firmengruppe zur Kündigung der Beratungsverträge und zur Übertragung des Mandats auf den Beschuldigten veranlaßt haben könnte.

Gestützt auf den Vorwurf, der Beschuldigte habe unter Verletzung seiner Berufspflichten Mandate der … übernommen, haben zwei Partner der Steuerberatungssozietät … u.a. den Beschuldigten in einem arbeitsgerichtlichen Prozeß auf Zahlung von 62.800,– DM, den Betrag des ausgefallenen Jahreshonorars der Firmengruppe, verklagt. Das Arbeitsgericht … hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger hat das Landesarbeitsgericht … am 2. April 1969 zurückgewiesen. – Ihre Revision haben die Kläger im Verhandlungstermin vor dem Bundesarbeitsgericht am 14. Oktober 1970 mit Zustimmung des Beschuldigten zurückgenommen.

Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, seine Pflichten als Steuerberater schuldhaft verletzt zu haben, weil er entgegen dem Verbot des § 29 Abs. 4 der Berufsgrundsätze der Steuerberater Mandanten seines früheren Arbeitgebers übernommen und steuerlich beraten habe.

Die Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen bei dem Landgericht … hat den Beschuldigten am 28. Januar 1979 von dem Vorwurf, er habe sich einer Berufspflichtverletzung schuldig gemacht, freigesprochen und die Kosten des Verfahrens der Steuerberaterkammer Niedersachsen auferlegt. Gegen dieses Urteil richtet sich die in vollem Umfang eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft.

Gegen diesen Vorwurf hat sich der Beschuldigte mit der Auffassung zur Wehr gesetzt, der oben genannte Berufsgrundsatz sei gesetzwidrig. Das Steuerberatungsgesetz enthalte keine Vorschrift, die eine Ermächtigung zum Erlaß der Richtlinien gebe. Der Berufsgrundsatz werde von der Mehrheit der Berufsangehörigen nicht mehr getragen.

Die Berufung ist unbegründet. Ein berufs unwürdiges Verhalten des beschuldigten Steuerberaters liegt nicht vor.

Die Entscheidung des gegen den Beschuldigten gerichteten berufsgerichtlichen Verfahrens hängt von der Antwort auf die Frage ab, ob die Regelung des Mandatsschutzes in § 29 Abs. 4 den Berufsgrundsätze der Steuerberater für den Beschuldigten verbindlich war. Diese Frage hat der Senat verneint.

§ 29 Abs. 4 der Berufsgrundsätze lautet:

Begründet ein Steuerberater eine eigene freiberufliche Niederlassung, so ist es berufsunwürdig, Mandate desjenigen Steuerberaters zu übernehmen, zu dem er früher in einem Angestellten- oder freiberuflichen Mitarbeiterverhältnis gestanden hat.

Der Beschuldigte hat die objektiven Merkmale dieses Berufsgrundsatzes zwar erfüllt, denn er hat bei der Begründung seiner eigenen Steuerberaterpraxis bisherige zu der er früher in einem Angestelltenverhältnis ges...

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