Leitsatz (amtlich)

1. Ein Unimog, der von der Straßenbauverwaltung im Bereich einer öffentlichen Straße zum Antrieb und zur Fortbewegung eines Randstreifenmähgerätes eingesetzt wird, stellt ein Kraftfahrzeug i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG dar.

2. Zur Frage der Unabwendbarkeit i.S.d. § 7 Abs. 2 StVG a.F. bei der Beschädigung eines vorbeifahrenden Fahrzeugs durch einen vom Mähgerät hochgeschleuderten Gegenstand.

 

Verfahrensgang

LG Bückeburg (Urteil vom 20.11.2003; Aktenzeichen 1 O 109/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.01.2005; Aktenzeichen VI ZR 115/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20.11.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Bückeburg unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

Das ... Land wird verurteilt, an die Klägerin 1.220 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 9.9.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 26 % und das ... Land 74 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatz auf Grund eines Verkehrsunfalls, der sich am 10.6.2002 gegen 09:52 Uhr auf der BAB 2 im Bereich R. in Fahrtrichtung D. ereignet hat.

Die Klägerin ist Halterin des Pkw ... mit dem amtlichen Kennzeichen .... Das ... Land ist Halter des Fahrzeugs ... Unimog mit dem amtlichen Kennzeichen ..., an das am Unfalltag ein Mähgerät zum Mähen der Seitenstreifen angebracht war. In Höhe des Streckenkilometers 282,0 wurde der Fahrzeugverkehr wegen einer Baustelle auf die Gegenfahrbahn umgeleitet, sodass dort Begegnungsverkehr stattfand. In Höhe des genannten Streckenkilometers fuhr der Mitarbeiter des ... Landes O. M. mit dem Unimog und mähte den in Fahrtrichtung D. rechten seitlichen Grünstreifen. Als der Geschäftsführer der Klägerin das Mähfahrzeug passierte, wurde das klägerische Fahrzeug auf der Beifahrerseite von einem Gegenstand getroffen und beschädigt. Neben dem Ersatz des Fahrzeugschadens begehrt die Klägerin die Zahlung einer Kostenpauschale von 20 Euro und Verzugszinsen ab den 9.9.2002.

Die Klägerin hat behauptet, dass durch das eingesetzte Mähgerät ein Gegenstand hoch geschleudert worden sei, der gegen die Beifahrerseite ihres Fahrzeugs geprallt sei. Sie hat die Auffassung vertreten, dass das ... Land unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung hafte. Das Verhalten der Mitarbeiter des Landes sei schuldhaft, weil sie den Seitenstreifen vor dem Mähvorgang nicht auf herumliegende Gegenstände und Steine abgesucht hätten.

Das ... Land hat bestritten, dass das Fahrzeug der Klägerin durch einen durch den Mähvorgang aufgewirbelten Gegenstand beschädigt worden sei. Im Übrigen sei das Mähgerät in einem ordnungsgemäßen Zustand gewesen. Den Mitarbeitern sei es auch nicht zumutbar, vor dem Mähvorgang den Seitenstreifen auf Steine und andere Gegenstände abzusuchen. Sollte sich, obwohl alles technisch Mögliche und Zumutbare gemacht worden sei, gleichwohl ein Schadensfall ereignen, sei dieser dem allgemeinen Lebensrisiko eines Fahrzeugseigentümers zuzurechnen.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil eine Amtspflichtverletzung gem. §§ 839, 249 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht festgestellt werden könne. Eine Haftung unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG scheide aus, weil das beteiligte Fahrzeug des ... Landes Niedersachsen hier nicht in seiner Eigenschaft als Fortbewegungsmittel im öffentlichen Straßenverkehr, sondern als Arbeitsmaschine eingesetzt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des landgerichtlichen Urteils wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie rügt, dass das LG die Darlegungslast der Klägerin überfordert habe. Hinsichtlich der Darlegungs und Beweislast bezüglich des kausalen Zusammenhangs zwischen dem Mähvorgang und dem behaupteten Schaden sei von einer Umkehr der Beweislast auszugehen. Der Unfall sei passiert, als sich das beschädigte Fahrzeug direkt neben dem Mähfahrzeug befunden habe. Die Annahme, das Fahrzeug des ... Landes hätte einen durch das Mähwerk aufgewirbelten Gegenstand abfangen müssen, sei eine unbegründete Vermutung des LG. Im Übrigen habe die Klägerin für die Unfallhergang Beweis durch Vernehmung der Zeugin R. v.H. angetreten. Das Gericht hätte zum Unfallhergang Beweis erhoben müssen. Die Rechtsauffassung des LG sei auch unzutreffend, soweit es gemeint habe, dass es den Bediensteten des ... Landes unzumutbar sein solle, den zu mähenden Seitenstreifen nicht vorher auf gefährliche Gegenstände zu überprüfen. Dabei müsse sicherlich nicht Halm für Halm auf kleinere Gegenstände abgesucht werden. Eine Absuchung nach...

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