Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Ersatzanspruchs des Dienstverpflichteten bei einer Sonderkündigung durch den Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Geschäftsführer einer GmbH, dessen zu diesem Zeitpunkt noch für gut zwei Jahre nicht ordentlich kündbar laufender Anstellungsvertrag durch den Insolvenzverwalter nach § 113 Satz 1 InsO gekündigt wird, kann seinen Ersatzanspruch für die restliche Vertragslaufzeit nach § 113 Satz 3 InsO ungekürzt zur Tabelle feststellen lassen.

 

Normenkette

InsO § 113 Sätze 1, 3

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 19. März 2018 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts H. wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: bis 200.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger, ehemaliger Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, begehrt Feststellung einer Forderung wegen vorzeitiger Beendigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrags nach § 113 InsO in Höhe von (nach Teilanerkenntnis im ersten Rechtszug) restlichen rd. 220.000 EUR zur Insolvenztabelle.

Wegen des (unstreitigen) Sachverhalts und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf das Teil- und Schlussurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts H. vom 19. März 2018 (Bl. 110 ff. d. A.), das der Klage in dem nach einem Teil-Anerkenntnisurteil verbliebenen Umfang stattgegeben hat, verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der sein nach dem Teilanerkenntnis erstinstanzlich zuletzt erstrebtes Prozessziel der Klagabweisung im Übrigen weiterverfolgt. Er macht geltend, das Landgericht habe verkannt, dass nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 16. Mai 2007, 8 AZR 772/06) der nach § 113 Satz 3 InsO geschuldete Schadensersatz auf die Höhe dessen zu begrenzen sei, was bei Anwendung gesetzlich geltender Kündigungsfristen zu zahlen sei. Anders könne der vom Gesetzgeber mit Einführung der genannten Vorschrift verfolgte Zweck, nämlich Sicherung der Befriedigungsaussichten von Gesellschaftsgläubigern, der mit den Interessen der Dienstverpflichteten in einen gerechten Ausgleich zu bringen sei, nicht erreicht werden. Es komme nicht darauf an, ob das Dienstverhältnis, wie in dem vom BAG entschiedenen Fall, vor Renteneintritt unkündbar oder ob lediglich eine längere vertragliche Kündigungsfrist als die gesetzliche vereinbart worden sei. Würde die Forderung des Klägers in dem verfolgten Umfang zur Insolvenztabelle festgestellt, so würde sich für die Insolvenzgläubiger (unter denen sich auch ein Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin befinde, der eine Forderung wegen ca. 600 EUR Reisekosten angemeldet habe) lediglich eine Befriedigungsquote von knapp 84 % statt ansonsten 100 % ergeben.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Rechtssätze der (ohnehin im Widerspruch zum Wortlaut des § 113 Satz 3 InsO stehenden) zitierten Entscheidung des BAG seien auf den vorliegenden Fall jedenfalls nicht übertragbar. Im Übrigen verstoße die Auffassung des Beklagten gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

II. Die Berufung des Beklagten erweist sich als unbegründet.

Das Landgericht hat mit auch gegenüber dem Berufungsvorbringen zutreffenden Erwägungen, denen sich der Senat anschließt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, die Forderung des Klägers auf Schadensersatz wegen vorzeitiger Beendigung seines Geschäftsführeranstellungsverhältnisses zur Insolvenztabelle festgestellt. Dabei hat es zu Recht auf den (rechnerisch unstreitigen) Betrag abgestellt, der sich ergibt, wenn man den nach § 113 Satz 3 InsO entstehenden Schadensersatzanspruch unter Zugrundelegung der Laufzeit des der Beurteilung im Streitfall zu Grunde liegenden Anstellungsvertrages bis zum Dezember 2018, dem nächstmöglichen vertraglich vereinbarten ordentlichen Beendigungszeitpunkt, ermittelt.

Zutreffend hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 113 Satz 3 InsO bejaht. Der Beklagte als Insolvenzverwalter hat das Anstellungsverhältnis mit dem Kläger rund zwei Jahre vor dem Zeitpunkt gekündigt, zu welchem es vertragsgemäß ordentlich hätte gekündigt werden können. Der Anstellungsvertrag, der zunächst bis zum Ablauf des Jahres 2012 abgeschlossen worden war, sah eine Verlängerung um jeweils weitere drei Jahre vor, wenn er nicht ein Jahr vor Beendigung gekündigt wurde (§ 4 des Vertrags, Bl. 39 ff. im gesonderten Anlagenband). Schaden im Sinne der genannten Vorschrift ist derjenige, der sich daraus ergibt, dass der In...

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