Leitsatz (amtlich)

1. Die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2011, 1729; BGHZ 163, 274) zur Unwirksamkeit eines formularmäßigen Aufrechnungsverbots in einem Abrechnungsverhältnis aus einem Werkvertrag steht nicht der Annahme entgegen, dass eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Pachtvertrages über Gewerberäume enthaltene Klausel als wirksam anzusehen ist, wonach Pachtminderung und Aufrechnung gegenüber dem Pachtanspruch des Verpächters ausgeschlossen sind, soweit die Forderungen nicht rechtskräftig festgestellt oder unbestritten sind.

2. Die von dem Verpächter von Gewerberäumen gegenüber einem Kaufmann

verwendete Klausel

"Der Pächter hat das Inventar zu erhalten und entsprechend den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zu ersetzen. Er trägt auch die Gefahr des zufälligen Untergangs. Die ersatzweise angeschafften Inventarstücke sind Eigentum des Pächters"

hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand.

 

Normenkette

BGB § 307

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 03.11.2011; Aktenzeichen 25 O 8/11)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 3.11.2011 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 35.700 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem Pachtvertrag vom 31.5.2005 (Anlage K 1, lose bei den Akten) auf Pacht für den Zeitraum von Dezember 2010 bis Mai 2011 i.H.v. insgesamt 35.700 EUR in Anspruch.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, insbesondere die Wiedergabe des Vortrags der Parteien und der gestellten Anträge im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 74 ff. d.A.) mit folgenden Ergänzungen Bezug genommen:

In § 5 des Pachtvertrages vom 31.5.2005 trafen die Parteien unter der Überschrift "Inventar" folgende Vereinbarungen:

"5.1 Der Pächter hat das Inventar zu erhalten und entsprechend den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zu ersetzen. Er trägt auch die Gefahr des zufälligen Untergangs. Die ersatzweise angeschafften Inventarstücke sind Eigentum des Pächters.

5.2 Der Pächter ist befugt, über einzelne Inventarstücke im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes zu verfügen ..."

Unter § 8, überschrieben mit "Mängel der Pachtsache", enthielt der Vertrag folgende Regelung:

"8.1 Die Haftung des Verpächters auf Schadensersatz wegen eines Mangels der Pachtsache ... ist ausgeschlossen, wenn der Mangel von dem Verpächter nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet worden ist. Der Anspruch des Pächters auf Mängelbeseitigung bleibt unberührt.

8.2 Pachtminderungen und Aufrechnung gegenüber dem Pachtanspruch des Verpächters sind ausgeschlossen, soweit die Forderungen des Pächters nicht rechtskräftig festgestellt oder unbestritten sind."

§ 13 sah schließlich vor, dass von der Verpflichtung der Zurückgabe der Pachtsache nach Beendigung des Pachtverhältnisses das zur Pachtsache gehörende und vom Pächter angeschaffte Inventar ausgenommen sei und der Pächter Einrichtungen, mit denen er die Pachtsache versehen habe, wegnehmen dürfe.

Der Beklagte hält die Regelung über seine Verpflichtung zum Ersatz abgängigen Inventars für unwirksam und hat die Auffassung vertreten, wegen der von ihm während der Pachtzeit in erheblichem Umfang ersetzten Inventarstücke sei die Pacht im streitbefangenen Zeitraum um 23 % auf 4.581,50 EUR gemindert. Der auf das Inventar entfallende Teil der Pacht sei mit ca. 50 % anzusetzen. Wegen der von ihm vorgenommenen Anschaffungen neuen Inventars sei die Pacht in der Zeit von Januar 2007 bis Dezember 2007 um insgesamt 7.021 EUR gemindert. Insoweit rechne er gegenüber der Pachtforderung der Klägerin für Dezember 2010 auf. In der Zeit von Januar 2008 bis November 2010 belaufe sich die wegen der Minderung infolge Neuanschaffung überzahlte Pacht auf insgesamt 36.830,50 EUR, so dass er wegen des diesbezüglichen Erstattungsanspruchs gegenüber der eingeklagten Pacht für Januar bis Mai 2011 die Aufrechnung erkläre. Der Beklagte hat behauptet, dass es sich bei den streitigen Klauseln um AGB der Klägerin handele.

Das LG hat den Beklagten zur Zahlung von 35.700 EUR nebst Zinsen aus den §§ 581 Abs. 2, 535, 546a BGB verurteilt und seine Entscheidung damit begründet, dass die geschuldete Pacht bzw. Nutzungsentschädigung nicht gemindert sei. Der Abgang vorhandenen Inventars begründe keinen Sachmangel. Deswegen habe der Beklagte auch keinen aufrechenbaren Anspruch aus § 812 BGB. Durch die Vereinbarung der Parteien, dass der Beklagte über einzelne Inventarstücke verfügen dürfe, das Inventar zu erhalten habe und an ersatzweise angeschafftem Inventar Eigentum erwerbe, hätten die Parteien § 538 BGB wirksam abbedungen. Eine Unwirksamkeit des Vertrages aus § 307 BGB ergebe sich schon deswegen nicht, weil weder aus...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge