Entscheidungsstichwort (Thema)

Sturz beim Skifahren als Unfall in der Unfallversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Unfall nach § 1 III AUB 94, § 2 Abs. 1 AUB 61, § 178 VVG liegt nicht vor, wenn der Versicherungsnehmer bei einem Ski-Abfahrtsablauf stürzt, weil ein anderer Skifahrer von oben kommend an ihm vorbeifährt, ihn aber nicht berührt und er sodann auf der Schulter zu Fall kommt, wodurch er einen Riss der Sehnen im Bereich der Rotatorenmanschette erleidet. Ein bloßes Erschrecken und ein unmittelbar darauf beruhender Sturz nur infolge einer ungeschickten Eigenbewegung stellt mangels irregulären Zustandes der Außenwelt keinen Unfall dar.

2. Ist der Sturz auch nicht im Zusammenhang mit einer erhöhten Kraftanstrengung erfolgt, so liegt ebenfalls kein versichertes Ereignis nach dem fiktiven Unfallbegriff des § 1 IV AUB 94, § 2 Ab. 2a) AUB 61 vor.

 

Normenkette

AUB 94 § 1; AUB 1961 § 2; VVG § 178

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 27.05.2008; Aktenzeichen 2 O 246/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 06.07.2011; Aktenzeichen IV ZR 29/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.5.2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Hannover wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, geb ... 1949, nimmt die Beklagte auf Leistungen aus zwei Unfallversicherungen in Anspruch.

Zwischen den Parteien besteht gem. Versicherungsschein vom 15.5.1998 zum einen eine Unfallversicherung mit einer Grundsumme von 68.000 DM und vereinbarter Progressionsstaffel 400 % (Bl. 7 d.A.), der die AUB 1961 zugrunde liegen (Bl. 9-1 d.A.). Ferner besteht eine Unfallrentenversicherung, die bei einer Invalidität zwischen 33 % und 66 % eine monatliche Rente von 923 EUR vorsieht (Bl. 8 d.A.), und der die AURB 98 zugrunde liegen (Bl. 15-18 d.A.). Erstinstanz-lich hat der Kläger die Beklagte wegen zweier Unfallereignisse vom 3.3.2000 (Sturz beim Skifahren) und 8.3.2000 (Arbeitsunfall) in Anspruch genommen, wobei es im Berufungsverfahren nur noch um den Vorfall vom 3.3.2000 geht.

Am 4.3.2000 begab der Kläger sich nach Rückkehr von einem Skiurlaub in Österreich in das R.-K.-Krankenhaus in G. u.a. wegen Schmerzen in der linken Schulter (Bl. 161 d.A. S 36 U 395/02 SG Hannover). Nachdem er dann zunächst seine Arbeit wieder aufnahm, stürzte er am 8.3.2000 auf abgestemmten Fliesen und fiel auf die linke Schulter (Bl. 3 d.A.). In einem Bericht des Dr. L. vom 29.5.2000 werden beide Unfälle erwähnt und ausgeführt, eine Brückensymptomatik habe nicht bestanden, da der Kläger zwischen dem 3.3.2000 und 8.3.2000 beschwerdefrei habe arbeiten können (Bl. 142 d.A.). Aus einem Bericht des A.-K.-Krankenhauses vom 26.11.2001, wo der Kläger sich vom 5.-14.7.2000 stationär aufhielt und am 6.7.2000 an der Schulter operiert wurde (OP-Bericht Bl. 162 f. d.A.), ergeben sich als Diagnosen eine Intervall-Läsion linkes Schultergelenk mit Supraspinatussehnenruptur III, eine schwere Bizepssehnendegeneration und eine Akromio-Claviculararthrose (Bl. 19-26 d.A.). Die Verletzungsfolgen werden als ausschließlich unfallbedingt beschrieben und als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung aktiv und passiv im Bereich der linken Schulter, Schulterhochstand rechts 2 cm, leichte Muskel-atrophie des linken Armes, 10 cm lange Narbe und Kraftminderung links um ca. 50 % benannt. Der beeinträchtigte Armwert wird mit 2/10 angegeben. In einem weiteren Bericht an die Beklagte vom 17.6.2003 wird wegen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Armwert nunmehr mit 4/10 angegeben (Bl. 27-33 d.A.). Die Beklagte nahm auf dieser Grundlage eine Abrechnung vor und zahlte dem Kläger gem. Schreiben vom 17.7.2003 insgesamt 12.864,10 EUR (Bl. 34 f. d.A.). Der Kläger verlangte mit Schreiben vom 20.2.2004 eine weitere Begutachtung (Bl. 76 f. d.A.), was die Beklagte ebenso wie zusätzliche Leistungen ablehnte.

Der Kläger hat behauptet, am 3.3.2000 sei er beim Skifahren gestürzt, als ihm ein anderer Skifahrer die Vorfahrt genommen habe, weshalb er habe ausweichen müssen, in eine Schneewehe gefahren, mit dem rechten Fuß umgeknickt und auf die linke Körperseite gefallen sei (Bl. 192, 223, 243 f., 267 d.A.). Weiter habe es den Unfall vom 8.3.2000 gegeben, als er bei seiner Arbeit als Fliesenleger auf abgestemmten Fliesen ausgerutscht und erneut auf die linke Schulter gefallen sei (Bl. 3, 91 f. d.A.). Durch einen dieser beiden Unfälle oder beide Unfälle sei es bei ihm zu einer Invalidität des linken Armes von 5/10 gekommen, woraus unter Berücksichtigung der verbesserten Gliedertaxe eine Gesamtinvalidität von 45 % folge (Bl. 4 f. d.A.). Hieraus resultiere aus der Unfallversicherung ein noch zu zahlender Betrag von 2.781,43 EUR. Ferner stehe ihm ab dem Unfallzeitpunkte eine monatliche Rente von 923 EUR au...

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