Normenkette

InsO §§ 35, 38

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Aktenzeichen 5 O 232/01)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 28.06.2012; Aktenzeichen IX ZR 211/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 9.7.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Lüneburg unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels abgeändert:

1. Das Versäumnisurteil der 5. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 7.5.2002 wird aufrechterhalten, soweit der Beklagte zu 1) verurteilt worden ist, an den Kläger 9.455,85 Euro (= 18.494,04 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2001 zu zahlen. Die weiter gehende Klage gegen den Beklagten zu 1) wird abgewiesen.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das am 7.5.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Lüneburg – soweit es den Beklagten zu 2) betrifft – unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert und der Beklagte zu 2) verurteilt, an den Kläger 8.691,96 Euro (= 17.000 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12.9.2001 zu zahlen.

3. Die gerichtlichen Kosten erster Instanz tragen der Beklagte zu 1) zu 52 %, der Beklagte zu 2) zu 48 %. Die Kosten der Säumnis des Beklagten zu 1) trägt dieser allein. Die durch die Beweisaufnahme veranlassten Kosten hat der Beklagte zu 2) zu tragen. Die Beklagten tragen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst, der Beklagte zu 1) 52 % derjenigen des Klägers, der Beklagte zu 2) 48 % derjenigen des Klägers.

Von den gerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens und den außergerichtlichen Kosten des Klägers bis zum 12.12.2002 tragen der Beklagte zu 1) 52 %, der Beklagte zu 2) 48 %. Die danach entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten tragen der Beklagte zu 2) zu 31 %, der Beklagte zu 1) 69 %. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.

4. Das Urteil ist vollstreckbar.

5. Der Streitwert für beide Instanzen beträgt 18.992 DM (= 9.710 Euro), daran ist der Beklagte zu 2) ab dem 12.12.2002 (Rücknahme der Anschlussberufung) mit einem Wertanteil von 4.600 Euro beteiligt.

 

Gründe

Die Berufung des Klägers hatte im Wesentlichen Erfolg.

1. Ansprüche gegen den Beklagten zu 1):

Entgegen der Auffassung des LG ist die Klage nicht unzulässig. Richtig ist zwar, dass das Insolvenzverfahren gegen den Beklagten zu 1) bereits vor der Erteilung des hier streitigen Auftrags eröffnet worden war. Das hindert aber eine Klageerhebung gegen den Beklagten persönlich nicht.

a) Die §§ 35, 38 InsO sind nicht einschlägig. Zwar fällt der Neuerwerb nach § 35 InsO grundsätzlich in die Masse. Hier geht es aber um eine nach Eröffnung des Verfahrens gegen den Insolvenzschuldner begründete Forderung. Die Parteien gehen zutreffend und übereinstimmend auch davon aus, dass der Kläger nicht zu den Insolvenzgläubigern gehört, weil die Voraussetzungen des § 38 InsO nicht erfüllt sind. Eine Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle scheidet deshalb aus.

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Beklagte als natürliche Person andererseits nicht gehindert, etwa durch Abschluss von Verträgen neue vermögensrechtliche Verpflichtungen zu begründen. Ebenso können auch kraft Gesetzes Forderungen gegen den Schuldner persönlich entstehen, etwa aus unerlaubter Handlung. Damit versteht es sich von selbst, dass solche sog. Neugläubiger ihre Forderungen auch während des Insolvenzverfahrens im Wege der Klage durchsetzen können, mit anderen Worten eine solche Klage nicht unzulässig sein kann (Landfermann in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 172 Rz. 40; Lwowski in MünchKomm/InsO 2001, § 35 Rz. 59 ff.). Allerdings ist die Zwangsvollstreckung für diese Forderungen in die Insolvenzmasse nicht zulässig, denn diese ist dem Zugriff der Neugläubiger entzogen. Davon unberührt bleibt das Recht des Neugläubigers, in das vom Insolvenzverfahren nicht erfasste „freie Vermögen” des Schuldners die Zwangsvollstreckung zu betreiben (Landfermann in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 172 Rz. 40). Solches wird freilich kaum vorhanden sein. Indessen bleibt letztlich der Zugriff auf das Vermögen, das dem Schuldner nach Beendigung des Insolvenzverfahrens gehört bzw. erwirbt. Daraus folgt zugleich, dass der Klage entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann, auch wenn derzeit möglicherweise keinerlei Vermögen für eine Vollstreckung vorhanden ist.

b) Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Schlussrechnungssumme gegen den Beklagten zu 1) ist auch in der Sache begründet.

Der Beklagte persönlich ist Vertragspartner des Klägers. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe den Auftrag für eine AG in der S. erteilt.

Das Angebot des Klägers vom 15.5.2000 richtete sich an „X.”, mithin an den Beklagten persönlich. Der Kläger hat darüber hinaus eine Visitenkarte des Beklagten vorgelegt (Bl. 70), die ebenfalls genau diese Firmenbezeichnung und keinerlei Hinweis auf eine AG enthält. Es kann danach keine Rede davon sein, dass sich di...

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