Leitsatz (amtlich)

§ 7 Abs. 3 S. 2 UVG ist im Erkenntnisverfahren nicht anzuwenden. Es handelt sich um eine reine vollstreckungsrechtliche Vorschrift, die Vollstreckungskollisionen gem. § 850d Abs. 1 ZPO zugunsten des (aktuell) unterhaltsberechtigten Kindes löst, welches zuvor Unterhaltsvorschuss erhalten hat.

 

Normenkette

UVG § 7 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Urteil vom 10.02.2006; Aktenzeichen 608 F 4365/05)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 10.2.2006 verkündete Urteil des AG - FamG - Hannover wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 8.056,47 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückzahlung von erbrachten Unterhaltsvorschussleistungen für seine minderjährigen Kinder T. und Ö. in Anspruch.

Der Beklagte und die Kindesmutter, Frau N.E., lebten von Juli 2001 bis Oktober 2004 getrennt. Die gemeinsamen Kinder Ö. und T. lebten ebenso wie die beiden weiteren Geschwister O., geb. am ...1986, und H., geb. am ...1989, während der Trennungszeit bei der Kindesmutter. Diese erhielt vom klagenden Land in der Trennungszeit Unterhaltsvorschussleistungen für T. in Gesamthöhe von 4.118 EUR und für Ö. in Gesamthöhe von 3.938,47 EUR. Unstreitig bestand in dieser Höhe eine Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber T. und Ö., die er nicht erfüllt hat. Eine entsprechende Klage der Kindesmutter ist in der Berufungsinstanz nach Versöhnung der Eheleute übereinstimmend für erledigt erklärt worden.

Das klagende Land hat im vorliegenden Verfahren einen weitergehenden Vollstreckungsbescheid gegen den Beklagten erwirkt, den es durch Urteil vom 10.2.2006 insoweit aufrecht erhalten hat, als der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht für Ö. für die Zeit vom 1.9.2001 bis 4.7.2004 i.H.v. 3.938,47 EUR und für T. für die Zeit vom 1.9.2001 bis 31.10.2004 i.H.v. 4.118 EUR, insgesamt 8.056,47 EUR zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das Urteil hat der Beklagte Berufung mit dem Ziel der Klageabweisung eingelegt.

II. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

Der Beklagte beruft sich zur Verteidigung gegen die Geltendmachung von gem. § 7 Abs. 1 UVG übergegangenen Unterhaltsansprüchen ausschließlich auf § 7 Abs. 3 S. 2 UVG. Entgegen der Ansicht des AG in der angefochtenen Entscheidung und des OLG Dresden in der vom AG zitierten Entscheidung (OLG Dresden v. 8.1.2004 - 10 UF 658/03, FamRZ 2004, 1586) ist § 7 Abs. 3 S. 2 UVG im Erkenntnisverfahren nicht anzuwenden. Der Entwurf eines "Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz)" enthielt (seinerzeit noch in § 8) die Vorschriften über den Übergang von Ansprüchen des Berechtigten (auf den Leistungsträger). In diesem Entwurf war eine dem § 7 Abs. 3 S. 2 UVG vergleichbare Vorschrift zunächst nicht enthalten (vgl. BT-Drucks. 8/1992, 6). Die Vorschrift ist (seinerzeit noch als § 8 Abs. 1 S. 2) aufgrund der Beschlüsse des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuss) in das UVG eingefügt worden (BT-Drucks. 8/2774, 8). Zur Begründung hat die Berichterstatterin des Ausschusses aufgeführt, "die hier vorgesehene Regelung dient für den Fall der Vollstreckungskonkurrenz übergegangener Unterhaltsansprüche mit später entstandenen Unterhaltsansprüchen des Berechtigten der angemessenen Berücksichtigung der Interessen des Berechtigten" (BT-Drucks. 8/2774, 13). Demnach handelt es sich um eine reine vollstreckungsrechtliche Vorschrift (vgl. auch Köhler, NJW 1979, 1813), die Vollstreckungskollisionen gem. § 850d Abs. 1 ZPO, die dann auftreten können, wenn das Land Unterhaltsansprüche aus übergegangenem Recht vollstrecken will, die nicht länger als ein Jahr vor Erlass des Pfändungsbeschlusses fällig geworden sind, zugunsten des (aktuell) unterhaltsberechtigten Kindes löst, welches zuvor Unterhaltsvorschuss erhalten hat. Es handelt sich um eine haushaltsrechtliche Vorschrift, bei der es um die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen aus übergegangenem Recht und nicht um die Titulierung derartiger Ansprüche geht (Das Deutsche Bundesrecht, Unterhaltsvorschussgesetz, VG 30 S. 16).

III. Die Revision war nicht zuzulassen, obwohl es sich um eine Frage grundsätzlicher Bedeutung handelt, ob § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG bereits im Erkenntnisverfahren anwendbar ist. Die Berufung des Beklagten kann nämlich auch dann keinen Erfolg haben, wenn man von einer Anwendbarkeit des § 7 Abs. 3 S. 2 UVG im Erkenntnisverfahren ausgehen würde.

Die Berufung wird allein darauf gestützt, dass § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG der Geltendmachung von übergegangenen Unterhaltsansprüchen der Kinder des Beklagten entgegenstehe.

Für die Frage, ob der laufende Unterhalt der Geltendmachung von Rückständen entgegensteht, kann es - neben der jetzigen Leistungsfähigkeit des Beklagten - allein auf die derzei...

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