Entscheidungsstichwort (Thema)

Einredeweise Geltendmachung eines Anspruchs eines Wohnungseigentümers auf Änderung einer grob unbilligen Teilungserklärung im Rechtsstreit über seine Zahlungspflicht für Garagensanierungskosten

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Der Anspruch eines Miteigentümers auf Änderung der Teilungserklärung wegen grober Unbilligkeit kann ausnahmsweise als Einrede in dem Rechtsstreit über seine Zahlungspflicht geltend gemacht werden.

(von der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs) 2. Wendet sich ein Wohnungseigentümer, der keine Garage hat, gegen einen Wohnungseigentümerbeschluß, mit dem beschlossen wurde, die Kosten für die Sanierung von Garagen, die in jeweiligem Sondereigentum stehen, aus der (allgemeinen) Instandhaltungsrücklage zu bestreiten, und damit gegen seine Kostenbeteiligung, kann er ausnahmsweise einredeweise geltend machen, die Teilungserklärung, die Wohnungen mit Garage den gleich Miteigentumsanteil zu weist, wie Wohnungen ohne Garage (bei ansonsten gleicher Wohnungsgröße) sei insofern grob unbillig, und ihm stehe deshalb ein Änderungsanspruch zu.

 

Normenkette

WoEigG §§ 10, 16; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 14.07.1997; Aktenzeichen 1 T 101/96)

AG Hannover (Aktenzeichen 70 II 72/96)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 14. Juli 1997 aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.

Der Geschäftswert wird für alle drei Instanzen auf 30.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Sanierungskosten für Garagen in einer Größenordnung von etwa 600.000 DM nur von den Eigentümern der Garagen oder von sämtlichen Miteigentümern getragen werden müssen.

Am 23. April 1996 beschloß die Wohnungseigentümergemeinschaft unter TOP 7 klarstellend, daß hinsichtlich der Garagen sämtliche Reparaturen, Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen in Zukunft aus der gemeinschaftlichen Instandhaltungsrücklage gezahlt werden sollten. Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus 213 Eigentumswohnungen, von denen 122 über Garagen und 91 über Einstellplätze verfügen.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, der angefochtene Beschluß sei bereits aus formellen Gründen unwirksam, weil die Verwaltung, der 21 Eigentümer Vollmacht erteilt hatten, verpflichtet gewesen sei, diese Stimmen der Mehrheit zuzuschlagen, die sich ohne Berücksichtigung der Vollmachten ergeben hätte. Darüber hinaus meint sie, auch der Teilungserklärung lasse sich nicht entnehmen, daß die Kosten für die Garagensanierung von allen Miteigentümern getragen werden müßten, denn bezüglich der Garagen bestehe Sondereigentum. Schließlich beruft sich die Beteiligte zu 1 hilfsweise darauf, ihr stehe ein Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung zu, sofern diese nach Ansicht des Gerichts im Sinne der Mehrheit der Eigentümer ausgelegt werden sollte, nämlich dahingehend, daß die Kosten der Garagen von sämtlichen Miteigentümern aufgebracht werden müssen.

Die Beteiligten zu 2 verteidigen den angefochtenen Beschluß und vertreten insbesondere die Auffassung, die Auslegung der Teilungserklärung führe jedenfalls nicht zu einem grob unbilligen Ergebnis.

Amts- und Landgericht haben den Antrag zurückgewiesen. Das Amtsgericht hat die Teilungserklärung als ungerecht bezeichnet, das Landgericht hat die Beteiligte zu 1 darauf verwiesen, sie müsse zunächst versuchen, einen einstimmigen Beschluß der Wohnungseigentümer über eine Änderung der Teilungserklärung herbeizuführen, denn das Gericht dürfe die Eigentümergemeinschaft nicht bevormunden, indem es eine Änderung der Teilungserklärung für angemessen erkläre, bevor die Wohnungseigentümergemeinschaft darüber beraten und beschlossen habe.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß den §§ 45 Abs. 1 WEG, 27 FGG zulässige weitere Beschwerde hat Erfolg.

1. Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend angenommen haben, ist die Rüge der Beteiligten zu 1, es sei überhaupt keine mit Mehrheit getroffene Entscheidung zustande gekommen, die Kosten für die Sanierung der Garagen der Instandhaltungsrücklage zu entnehmen, offensichtlich unbegründet, denn dem von der Beteiligten zu 3 überreichten Formular der Vollmacht an die Verwalterin, in der Eigentümerversammlung im Namen des sie bevollmächtigenden Eigentümers abzustimmen, läßt sich keine irgendwie geartete Einschränkung dahin entnehmen, daß die Verwalterin verpflichtet sei, zunächst die Mehrheitsverhältnisse ohne Berücksichtigung der ihr erteilten Vollmachten zu klären und sodann im Sinne der Mehrheit abzustimmen. Die Verwalterin hat dazu in den Tatsacheninstanzen vorgetragen, sie pflege zwar in der Regel in dieser Weise zu verfahren, behalte sich aber im Einzelfall eine Stimmabgabe auch in anderer Weise vor, nämlich nach Maßgabe dessen, was sie in der konkreten Situation für angemessen halte.

2. Wie...

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