Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträglicher Ausgleich eines im Rahmen des Versorgungsausgleichs übergangenen Anrechtes durch gerichtliche Umsetzung einer von den beteiligten Versorgungsträgern gebilligten Vereinbarung der Ehegatten

 

Leitsatz (amtlich)

Ist im Rahmen der Scheidung der Versorgungsausgleich durchgeführt, dabei jedoch ein auszugleichendes Anrecht übergangen worden, kommt auch nach Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich jedenfalls insofern ein nachträglicher Ausgleich des übergangenen Anrechtes in Betracht, als das Gericht eine entsprechende Vereinbarung, die die Ehegatten geschlossen und die beteiligten Versorgungsträger gebilligt haben, durch entsprechenden Beschluss umsetzt.

 

Normenkette

VersAusglG § 6

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Aktenzeichen 609 F 183/11)

 

Tenor

1. Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern (Pers.-Nr ...) zugunsten der Ehefrau auf deren Versicherungskonto Nr ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Anrecht i.H.v. monatlich 1.014,82 EUR, bezogen auf den 31.1.2010, begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

2. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen sowie der am 25.6.2013 vor dem Senat geschlossenen Vereinbarung der beteiligten Eheleute werden zwischen letzteren gegeneinander aufgehoben.

3. Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 1.000 EUR (§ 50 Abs. 1 FamGKG).

 

Gründe

I. Die am 25.8.1972 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten ist auf am 9.2.2010 zugestellten Scheidungsantrag hin im vor dem AG - Familiengericht - Hannover zum Aktenzeichen 609 F 6682/09 geführten Verfahren, in dem die Ehefrau nicht anwaltlich vertreten war, mit Beschluss vom 1.9.2010 geschieden worden. Zugleich hat das AG den Versorgungsausgleich geregelt; dabei sind allerdings lediglich gesetzliche Anwartschaften beider Ehegatten ausgeglichen worden, obwohl der Ehemann seinerzeit bereits angegeben hatte, über eine Anwartschaft auf "Beamtenversorgung" gegenüber der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern zu verfügen. Der amtsgerichtliche Scheidungsbeschluss ist am 9.10.2010 rechtskräftig geworden.

Mit am 13.1.2011 beim AG eingereichtem Antrag verfolgt der geschiedene Ehemann das Ziel, nachträglich einen Ausgleich der seinerzeit übergangenen beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft durchzuführen.

Das AG hat - nach Beteiligung der Ehefrau und Gewährung rechtlichen Gehörs - mit Beschluss vom 2.4.2012 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der begehrte nachträgliche Ausgleich unzulässig sei. Entgegen der Auffassung des Verfahrensbevollmächtigten des Ehemannes würden von § 9 VersAusglG allein die Fälle erfasst, in denen der Versorgungsausgleich wegen Aufhebung der Ehe oder im Rahmen einer Auslandsscheidung ohne Versorgungsausgleich unterblieben sei. Auch die §§ 225 ff. FamFG seien nicht anwendbar. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen nach § 48 FamFG nicht vor. Eine Korrekturmöglichkeit ergebe sich allenfalls im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs, der ggf. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen von der Ehefrau zu beantragen wäre.

II. Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Ehemannes, der sein Ziel eines nachträglichen Versorgungsausgleichs weiter verfolgt.

Der Senat hat eine Auskunft der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern eingeholt; danach beläuft sich der Ausgleichswert gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG für die im Wege externer Teilung auszugleichende Anwartschaft auf Beamtenversorgung des Ehemannes auf monatlich 1.014,82 EUR.

Der Senat hat die beteiligten Ehegatten unter Nachweisen im Einzelnen darauf hingewiesen, dass es sehr umstritten ist, ob und ggf. wie ein im Rahmen des nach neuem Recht durchgeführten Versorgungsausgleichs vergessenes Anrecht in einem neuen Verfahren nachträglich ausgeglichen werden kann. Er hat weiter darauf hingewiesen, dass aber jedenfalls dann keine Bedenken gegen einen insofern von beiden Ehegatten gewünschten ergänzenden Ausgleich bestehen, wenn er auf einer Vereinbarung der Ehegatten beruht, der die beteiligten Versorgungsträger zustimmen.

Daraufhin haben sowohl die Ehegatten ihre dahingehende Absicht mitgeteilt als auch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern sowie die Deutsche Rentenversicherung Bund ausdrücklich ihr Einverständnis mit einer entsprechenden Vorgehensweise erklärt.

Im (durch eine zeitweilige schwere Erkrankung der Ehefrau bedingt erst) am 25.6.2013 durchgeführten Termin haben die Ehegatten auf Vorschlag des Senates folgende Vereinbarung geschlossen:

"1. Bei der Scheidung unserer Ehe ist das vom Antragsteller in der Ehezeit (1.8.1972 bis 31.1.2010; § 3 Abs. 1 VersAusglG) erworbene Anrecht bei der Ev.-luth. Kirche in Bayern (Pers.-Nr ...) im Versorgungsausgleich versehentlich unberücksichtigt geblieben. Dieses Anrecht soll mit dem vom Versorgungsträger mitgeteilten Ausgleichswert von monatlich 1.014,82 EUR, bezogen auf den 31.1.201...

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