Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattungsanspruch trotz ratenloser Bewilligung von Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Kostenerstattungsanspruch der obsiegenden Partei gegen den Prozessgegner besteht neben dem Beitreibungsrecht des beigeordneten Rechtsanwalts auch dann, wenn der Partei Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen bewilligt worden ist.

 

Normenkette

ZPO § 126

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 22.04.2008; Aktenzeichen 1 O 64/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 29.4.2008 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 1. Zivilkammer des LG Hannover vom 22.4.2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 11.168,15 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten, einen Architekten, auf Schadensersatz wegen angeblich fehlerhafter Bauplanung und Bauleitung in Anspruch. Das LG hat dem Beklagten für die Rechtsverteidigung mit Beschluss vom 7.4.2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin K. bewilligt. Mit Urteil vom 7.3.2008 hat das LG die Klage ganz überwiegend abgewiesen, den Beklagten zur Zahlung von 425,44 EUR nebst Zinsen verurteilt und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger insgesamt auferlegt.

Unter dem 10.3.2008 hat der Beklagte Festsetzung der vom Kläger zu erstattenden Kosten i.H.v. 11.168,15 EUR nebst Zinsen beantragt. Mit Beschluss vom 22.4.2008 hat die Rechtspflegerin die vom Kläger an den Beklagten zu erstattenden Kosten antragsgemäß festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 30.4.2008 eingegangenen Beschwerde vom 29.4.2008. Mit ihr macht er geltend, dass dem Beklagten für die Prozessführung keine Kosten entstanden seien, weil ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin K. bewilligt worden sei.

Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Sie hat, entsprechend einer Stellungnahme des Beklagten, gemeint, der Erstattungsanspruch sei unabhängig von der Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht davon abhängig, ob die Partei ihrem Anwalt das Honorar bereits bezahlt habe oder nicht.

II. Die gem. §§ 104, 567, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis mit Recht hat das LG die beantragten Kosten mit Beschluss vom 22.4.2008 festgesetzt.

Nach § 126 Abs. 1 ZPO kann der beigeordnete Anwalt im eigenen Namen die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen verlangen. Daneben besteht grundsätzlich der Kostenerstattungsanspruch der Partei selbst. Der Anspruch der Partei auf Kostenfestsetzung und das Beitreibungsrecht ihres Anwaltes bestehen selbständig nebeneinander (vgl. BGH NJW 1994, 3292 m.w.N., zitiert nach JURIS Rz. 10).

1. Der Kostenfestsetzungsantrag vom 10.3.2008 ist als solcher des Beklagten selbst aufzufassen. Zwar heißt es in dem Antrag, dass "wir" Kostenfestsetzung beantragen, wobei der Kläger eine einzelne natürliche Person ist und der Kostenfestsetzungsantrag unter dem Briefkopf einer Anwaltssozietät verfasst worden ist. Das könnte zwar darauf hindeuten, dass es sich tatsächlich nicht um einen für den Beklagten selbst gestellten Antrag handeln könnte. Hiergegen spricht aber, dass auch beantragt worden ist, etwaige vom Beklagten verauslagte Gerichtskosten hinzuzusetzen. Zudem hat die beigeordnete Prozessbevollmächtigte des Beklagten den Antrag offenkundig als einen solchen des Beklagten selbst verstanden wissen wollen, was sich aus der Beschwerdeerwiderung vom 26.5.2008 ergibt. In diesem hat sie gerade darauf hingewiesen, dass unabhängig davon, ob die Partei Prozesskostenhilfe hat oder nicht, ihr Kostenerstattungsanspruch nicht davon abhängig sei, ob sie ihrem Anwalt das Honorar bereits bezahlt hat oder nicht. Auch die Rechtspflegerin hat den Antrag ohne Zweifel als einen solchen des Beklagten selbst angesehen, was sich daraus ergibt, dass sie den vom Kläger an den Beklagten zu erstattenden Kosten festgesetzt hat und nicht solche vom Kläger an die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu zahlende Kosten. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Anwalt den Kostenfestsetzungsantrag namens seiner Partei stellt (vgl. OLG Rostock MDR 2006, 418 m.w.N.).

2. Mit Recht hat das LG gemeint, dass dem Beklagten ein Recht, Kostenfestsetzung zu verlangen, zustand. Zwar wird abweichend von dem geschilderten Grundsatz in der Rechtsprechung mitunter die Ansicht vertreten, dass in dem Fall, in dem - wie im Rechtsstreit - der Partei ratenfreie Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, dieser Partei ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Kostenfestsetzung fehle (vgl. OLG Hamm AnwBl. 1990, 328 und Rpfleger 2003, 138; OLG Koblenz Rpfleger 1996, 252; OLG Saarbrücken JurBüro 1986, 1876 und 1993, 302; OLG Schleswig SchlHA 1990, 196). Diese Auffassung wird damit begründet, dass sich aus § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ergebe, dass die Partei ihrem Anwalt nichts schulde und ihr deshalb auch keine Kosten entstünden, die der Prozessgegner zu erstatten habe, bzw. die Interessenl...

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