Leitsatz (amtlich)

Auch nach Erlass des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.4.2013 und unter Geltung des gesetzgeberischen Leitbildes der gemeinsamen elterlichen Sorge kommt deren Aufhebung etwa dann in Betracht, wenn ein Elternteil wegen schwerer Straftaten zum Nachteil des anderen (hier: mehrfache Körperverletzung und Vergewaltigung) rechtskräftig verurteilt ist und die entsprechenden Taten nach wie vor in Abrede nimmt.

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 07.03.2014)

 

Tenor

1. Dem Kindesvater wird die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe (VKH) versagt.

2. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 7.3.2014 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Die beteiligten Eltern der 2007 bzw. 2008 geborenen betroffenen Kinder sind und waren nicht verheiratet; sie übten bislang die elterliche Sorge gemeinsam aus. Letzteres beruhte für den 2007 geborenen C. auf der Maßgeblichkeit des französischen Rechts und für die 2008 geborene N. auf entsprechenden Sorgeerklärungen beider Elternteile.

Im vorliegenden, im Mai 2012 eingeleiteten Verfahren hat die Kindesmutter die Übertragung der elterlichen Sorge allein auf sich begehrt. Der Kindesvater erstrebt die Beibehaltung der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge und will nach seiner für August 2014 anstehenden Haftentlassung auch in die Betreuung der Kinder eingebunden werden.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist im Wesentlichen die am 1.8.2011 erfolgte Vergewaltigung der Kindesmutter durch den Vater, der deswegen am 3.8.2011 vorläufig festgenommen wurde und sich seitdem in Untersuchungs- bzw. Strafhaft befindet. Seine am 9.3.2012 erfolgte (erste) Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 2 Monaten wurde durch Beschluss des BGH vom 13.11.2012 im Schuldspruch teilweise geändert und im Ausspruch über die Einzelstrafe in einem der drei Tatkomplexe sowie über die Gesamtstrafe aufgehoben und insofern zur Neuverhandlung zurückverwiesen. Mit Urteil vom 14.2.2013 wurde er sodann letztlich wegen Vergewaltigung und Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die dagegen erneut eingelegte Revision ist durch Beschluss vom 20.8.2013 verworfen worden. Nachdem die zuständige Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 15.10.2013 eine vorzeitige Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung abgelehnt hat, steht die Haftentlassung des Kindesvaters am 2.8.2014 an. Der Kindesvater nimmt die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten nach wie vor in Abrede, so etwa im Rahmen seiner Anhörung zur vorzeitigen Bewährungsaussetzung wie auch im vorliegenden Verfahren.

Zwischen den Kindeseltern besteht seit der Inhaftierung des Kindesvaters keinerlei Kontakt; hinsichtlich des Aufenthalts der Kindesmutter und der Kinder besteht eine Auskunftssperre. Hinsichtlich des vom Kindesvater erstrebten Umgangs mit beiden Kindern, der seit der Inhaftierung nicht stattgefunden hat, wird beim AG ein gesondertes Verfahren geführt.

Das AG hat für die Kinder einen Verfahrensbeistand bestellt, das zuständige Jugendamt beteiligt und die Beteiligten persönlich angehört. Im Rahmen des Verfahrens sind insbesondere auch die strafrechtlichen Entscheidungen sowie zahlreiche Stellungnahmen von mit den Kindern in Kontakt stehenden Einrichtungen einbezogen worden. Mit Beschluss vom 7.3.2014, auf den auch zur weiteren Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird, hat das AG schließlich entsprechend der Empfehlung auch des Verfahrensbeistandes und des Jugendamtes die elterliche Sorge für die beiden Kinder allein der Kindesmutter übertragen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass nach den Vorfällen insbesondere am 1.8.2011 ein Zusammenwirken der Eltern im Rahmen einer gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge ausgeschlossen sei.

Gegen diesen, ihm am 18.3.2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 17.4.2014 beim AG Beschwerde eingelegt und diese sogleich abschließend begründet. Er erstrebt die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge für die beiden Kinder und sucht für das Beschwerdeverfahren um Verfahrenskostenhilfe (VKH) nach. Er ist der Auffassung, das AG habe die verfassungsrechtliche Bedeutung seines Elternrechts verkannt. Zudem stehe das gegen ihn gerichtete Strafverfahren der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge nicht entgegen, zumal er - was er durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweisantritt stellt - "das Strafverfahren innerlich vollständig aufgearbeitet" habe.

II. Dem Kindesvater kann die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte VKH nicht bewilligt werden, weil seiner Rechtsverfolgung - wie sogleich nachfolgend im einzelnen darzustellen - die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt.

III. Der zulässigen Beschwerde des Kindesvaters muss der Erfolg versagt bleiben. Zu Recht hat das AG im Streitfall die elterliche So...

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