Verfahrensgang

AG Gifhorn (Aktenzeichen Bl. 6619)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Gifhorn - Grundbuchamt vom 2. Mai 2019 aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, den Beteiligten nach Maßgabe der Gründe in diesem Beschluss neu zu bescheiden.

 

Gründe

I. Der Beteiligte verlangt die Eintragung einer Auflassungsvormerkung nebst Rangvorbehalt sowie einer Grundschuld unter Verweis auf eine transmortale Vorsorgevollmacht.

Der am 22. April 2018 verstorbene Vater des Beteiligten erteilte diesem am 14. März 2017 mit notariell beglaubigter Unterschrift eine transmortale Vorsorgevollmacht zur Vertretung in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Sie sollte in ihrem Umfang unbeschränkt gelten, als Betreuungsvollmacht zur Vermeidung der Anordnung einer Betreuung dienen und daher bei Eintritt einer Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers nicht erlöschen. Zudem sollte sie ausdrücklich als Generalvollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gelten. Der Vollmachtsumfang umfasst in Vermögensangelegenheiten ausdrücklich den Erwerb und die Veräußerung von Grundbesitz. Gemäß § 4 des Vertrags ist die Vollmacht jederzeit widerruflich und der Bevollmächtigte von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Nach Vortrag des Beteiligten sind Erben nach dem Erblasser er und seine drei Geschwister.

Mit notariellem Vertrag vom 15. April 2019 vor dem Notar Dr. W. (UR- Nr. ...) veräußerte er den gegenständlichen Grundbesitz, eingetragen im Grundbuch von B. ...A sowie den gegenständlichen 37/2000 Miteigentumsanteil an den im Grundbuch von G. ..., eingetragenen Flurstücken 10/15 und 11/33 verbunden mit dem Sondereigentum an sich, handelnd als Erwerber und unter Bezugnahme auf die vorstehende Vollmacht als Veräußerer für die Erben des Vollmachtgebers. Zugleich trafen die vor dem Notar erschienenen Erben in dem Vertrag eine Auseinandersetzungsvereinbarung über den Nachlass. Als Eigentümer für den vorstehenden Grundbesitz eingetragen ist der Erblasser.

Mit Zwischenverfügung vom 2. Mai 2019 beanstandete die Rechtspflegerin die beantragte Grundbucheintragung. Die Vollmacht für den Beteiligten bedürfe der Form der notariellen Beurkundung, da die Vollmacht aufgrund ihrer Weite und ohne jeden Bezug auf ein Grundgeschäft eine Vorwegnahme der tatsächlichen Bindung, vorliegend der Grundstücksveräußerung darstelle. Es bedürfe daher der Genehmigung der Erben und eines Nachweises der Erbfolge in der Form des § 29 GBO.

Dagegen wendet sich der Beteiligte, vertreten durch den Notar, mit der Beschwerde vom 7. Mai 2019. Die umfassende Vollmacht sei widerruflich gewesen und enthalte keine Absicht der Veräußerung des gegenständlichen Grundbesitzes. Vielmehr sei die weite Fassung gerade Intention der Vorsorgevollmacht. Mit Beschluss vom 17. Juni 2019 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen. Auch wenn die Vollmacht widerruflich gewesen sei, hätte diese der Form des Übertragungsgeschäftes bedurft. Es solle die bindende Wirkung eines Grundstücksübertragungsvertrages vorweggenommen werden; dafür spreche auch die Geltung der Vollmacht bei Geschäftsunfähigkeit.

II. 1. Die nach § 71 Abs. 1 GBO i.V.m. § 11 Abs. 1, § 3 Nr. 1 Buchstabe h) RPflG statthafte Beschwerde gegen die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin ist gemäß § 73 Abs. 1, 2 GBO zulässig und begründet.

a) Bei der Vollmacht, deren Wirksamkeit und Umfang vom Grundbuchamt zu prüfen ist, handelt es sich um eine transmortale Vollmacht, auf deren Grundlage der Beteiligte mit Geltung über den Tod hinaus Verfügungen über das Vermögen des Erblassers treffen konnte. Der notarielle Vertrag lag innerhalb der ihm eingeräumten Vertretungsmacht mit der Befugnis, über das zum Nachlass gehörende Vermögen in Vertretung der Erben zu verfügen, ohne dass er die Erben, für die er handelt, namhaft machen müsste (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 27.6.2017 - 20 W 179/17, ZEV 2017, 719, beck-online).

aa) Im Grundbuchverfahren muss in dieser Konstellation grds. kein Erbnachweis in der Form des § 35 GBO geführt werden, weil der bzw. die Erben durch eine trans- oder postmortale Vollmacht des Erblassers gebunden sind, solange die Vollmacht nicht widerrufen wird (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 19 Rn. 81.1, m.w.Nw.).

Das Grundbuchamt hat nach § 20 GBO die Wirksamkeit der erklärten Auflassung und damit die materielle Befugnis desjenigen zu prüfen, der über das eingetragene Eigentum verfügt. Der Beteiligte hat seine Erklärung in Vollmacht für die Erben des im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Erblasser abgegeben. Eine Vollmacht kann nach anerkannter Auffassung auch in der Weise erteilt werden, dass sie vom Bevollmächtigten nach dem Tode des Vollmachtgebers ausgeübt werden kann. Diese Befugnis ist hier durch die Vollmacht ausdrücklich erteilt worden. Macht der Bevollmächtigte von der Vollmacht nach dem Tode des Vollmachtgebers Gebrauch, so treten die Wirkungen seiner rechtsgeschäftlichen Erklärung in der Person des bzw. der Erben ein. Es...

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