Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei Wechsel der Klagebegründung

 

Leitsatz (amtlich)

Stützt der Kläger seinen Antrag hintereinander auf mehrere wirtschaftlich selbständige Ansprüche, so sind diese Bestimmung des Streitwerts zusammenzurechnen.

 

Normenkette

ZPO § 3; GKG § 39

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 17.12.2014; Aktenzeichen 16 O 59/12)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 29.5.2015 wird der Streitwertbeschluss des LG Hannover vom 17.12.2014 geändert.

Der Wert des Streitgegenstandes für den Rechtsstreit erster Instanz bis zum 26.4.2013 wird auf 28.872,84 EUR festgesetzt.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die gem. § 68 Abs. 1 GKG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten führt dazu, in Abänderung der Streitwertfestsetzung des LG der Streitwert wie geschehen anderweitig auf 28.872,84 EUR festzusetzen war.

Der Senat hält an seiner Ansicht fest (vgl. AGS 2008, 466), dass wenn der Kläger im Wege der Klageänderung den Klaggrund für einen Zahlungsanspruch im Laufe einer Instanz auswechselt, die Werte des ursprünglichen und des wirtschaftlich nicht identischen neuen Streitgegenstandes bei der Wertfestsetzung für das gerichtliche Verfahren zu addieren sind. Die angefochtene Entscheidung, die sich anstatt sich sachlich mit der streiterheblichen Rechtsfrage auseinanderzusetzen darauf reduziert, darauf hinzuweisen, einer vermeintlich herrschenden Meinung zu folgen, vermag in Ermangelung jeglicher Begründung demgegenüber nicht zu überzeugen.

Auch die vom LG angeführte vermeintliche herrschende Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung vermag nicht aufzuzeigen, dass und warum § 39 Abs. 1 für die hier streiterhebliche Rechtsfrage keine Anwendung finden soll. § 39 Abs. 1 GKG bestimmt, dass in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet werden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Klägerin hat im Streitfall mit der ursprünglichen Klage Zahlung von Miete bzw. Nutzungsentschädigung für den Zeitraum April 2009 bis Dezember 2009 einschließlich i.H.v. 12.653,92 EUR geltend gemacht. Im Schriftsatz vom 14.5.2012 hat sie den Antrag hinsichtlich der geltend gemachten Verzugszinsen modifiziert und hinsichtlich des in der Hauptsache weiterhin der Höhe nach geltend gemachten Zahlungsanspruchs ausgeführt, für den Zeitraum ab Oktober 2009 stehe ihr ein Anspruch auf Zahlung von insgesamt 2.371,20 E zu und für das Jahr 2010 ein Anspruch auf Zahlung von 10.104 EUR (12 Monate a 842 EUR) zu. Danach hat die Klägerin in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug Streitgegenstände im Gesamtwert von 22.757,92 EUR geltend gemacht, die nach § 39 GKG zusammengerechnet werden.

Soweit das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 16.8.2010 ausgeführt hat, schon der Wortlaut des § 39 Abs. 1 GKG lege nahe, dass nur etwas zusammengerechnet werden könne (AGS 2011, 86), vermag der Senat dem Wortlaut des § 39 Abs. 1 GKG derartiges nicht zu entnehmen. Mit Recht hat das OLG Schleswig in seiner Entscheidung vom 28.2.2012 daher auch gemeint, um zu dem von der vom LG in Bezug genommenen angeblich herrschenden Meinung zu gelangen, müsse § 39 Abs. 1 GKG über seinen Wortlaut hinaus ausgelegt werden (SchIHA 2012, 263-264, zitiert nach Juris Rz. 3).

Indes hat auch das OLG Schleswig keinen Grund aufgezeigt, warum § 39 Abs. 1 GKG über seinen Wortlaut hinaus ausgelegt werden müsste. Soweit dies damit begründet wird, dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte, mit der Einfügung des § 39 Abs. 1 GKG durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5.5.2004 (BGBl. I, 718) in das Gebührenrecht sei keine sachliche Änderung des Gebührenrechts beabsichtigt worden, dem Gesetzgeber sei es nämlich nur darum gegangen, den in § 5 ZPO verankerten Grundsatz - welcher zuvor über § 12 Abs. 1 GKG a.F. unmittelbar nur für den Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familien- und Lebenspartnerschaftssachen gegolten habe - gebührenrechtlich in einer für alle Gerichtsbarkeiten gleichermaßen geltenden Weise zu verankern (vgl. Gesetzesentwurf, Einzelbegründung zu § 39 GKG, BT-Drucks. 15/1971, 154), überzeugt dies nicht. Dass der Wille des Gesetzgebers darauf gerichtet gewesen wäre, die zuvor bestehende tatsächliche Rechtslage zu übernehmen, lässt sich der in Bezug genommenen Bundestags-Drucksache nicht entnehmen. Dort heißt es zu dem -neu einzuführenden § 39 Abs. 1 GKG nämlich wörtlich:

"Abs. 1 soll zusätzlich aufgenommen werden. Die Grundregel, dass in dem-selben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitge-genstände zusammengerechnet werden, ergibt sich derzeit allein durch die Verweisung in § 12 Abs. 1 GKG auf Vorschriften der Zivilprozessordnung, hier auf § 5 Halbs. 1 ZPO. Die Regelung soll in das GKG eingestellt werden, weil sie für alle Gerichtsbarkeiten gelten soll."

Danach hat der Gese...

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