Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Zustimmungserfordernis der Grundpfandgläubiger bei Begründung von Wohnungseigentum

 

Leitsatz (amtlich)

Die Begründung von Wohnungseigentum bedarf auch nach Einführung des Rangklassenprivilegs für Wohngeldansprüche nicht der Zustimmung der Gläubiger, deren Grundpfandrechte auf dem ganzen Grundstück lasten.

 

Normenkette

BGB §§ 876-877; WEG §§ 3, 8; GBO § 19; ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Aktenzeichen DH-6541-54)

 

Tenor

Die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - Hannover vom 16.4.2012 wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, von den darin gegenüber dem Eintragungsantrag erhobenen Bedenken Abstand zu nehmen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gem. § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Das Grundbuchamt hat in der angefochtenen Zwischenverfügung zu Unrecht die Zustimmung der Gläubigerin zu Abt. III Nr. 1 verlangt. Zwar wird die in dem Nichtabhilfebeschluss des Grundbuchamts vom 25.4.2012 im Einzelnen näher begründete Auffassung, dass bei Teilung eines bis dahin ganzen Grundstücks in Wohnungseigentum die Zustimmung der Grundpfandgläubiger auch nach Einführung des Rangklassenprivilegs für rückständiges Wohngeld gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG zu verlangen sei, auch im Schrifttum und von der Rechtsprechung teilweise bejaht (z.B. OLG Frankfurt ZfIR 2011, 573; Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 8 WEG Rz. 1). Die OLG Oldenburg (BeckRS 2011, 07289) sowie München (ZfIR 2011, 571) und ihnen folgend kürzlich auch ausdrücklich der BGH (BeckRS 2012, 06011) haben dagegen für den auch hier vorliegenden Fall, dass das Grundpfandrecht bis zur Teilung auf dem gesamten Grundstück lastet, die Zustimmung der Grundpfandgläubiger für nicht erforderlich erachtet. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.

Für sie spricht, dass mit dem Vollzug der beantragten Eintragung bei den Grundpfandrechtsgläubigern keine rechtliche Beeinträchtigung eintritt. Denn wird das Grundstück, das mit dem Recht eines Dritten belastet ist, wie hier als Ganzes durch den Eigentümer in Wohnungseigentum aufgeteilt, ändert sich am Haftungsobjekt als Ganzem nichts, weshalb auch keine Schmälerung der Haftungsgrundlage eintritt. Die Problematik eines evtl. Zustimmungserfordernisses im Hinblick auf die Rangklassenprivilegierung des Wohngeldanspruchs in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG kann sich frühestens mit der Veräußerung des ersten Wohnungseigentums stellen, weil erst dann begrifflich eine Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden ist und erst dann Hausgeldansprüche der Rangklasse 2 zu einer Beeinträchtigung führen könnten. Diese Rechtsfolge ist jedoch vom Gesetzgeber gewollt. Eine planwidrige Regelungslücke kann nicht festgestellt werden. Das Vorrecht für Wohngeldansprüche betrifft vielmehr nach dem Willen des Gesetzgebers bewusst auch solche Grundpfandgläubiger, die der Umwandlung des ursprünglich ungeteilten Haftungsobjekts in Wohnungseigentum nicht zugestimmt haben. Es ist mit anderen Worten davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das Recht des Eigentümers, sein Grundstück ohne Zustimmung der dinglichen Gläubiger in Wohnungseigentum aufzuteilen, bewusst nicht beschränken wollte (BGH, a.a.O., Rz. 12). Auch die Beschwerdeführerin, deren Verfahrensbevollmächtigter sich in der Beschwerdeschrift mit Recht auf die vorstehend zitierte Rechtsprechung der OLG Oldenburg und München und vor allem auch des BGH berufen hat, braucht deshalb die Zustimmung der Grundpfandgläubiger nicht beizubringen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 3 KostO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Die Entscheidung des Senats ergeht vielmehr wie dargelegt im Einklang auch mit der Rechtsprechung des BGH.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2971161

NWB 2012, 3521

ZAP 2012, 1040

ZMR 2012, 714

ZWE 2012, 276

NWB direkt 2012, 1140

IWR 2012, 73

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