Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Bestimmung der Bagatellgrenze der gesetzlichen Rente

 

Leitsatz (amtlich)

1. In der gesetzlichen Rentenversicherung erworbene Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) sind getrennt voneinander intern zu teilen. Im Tenor der Entscheidung bedarf es dabei keiner Bezugnahme auf das Ende der Ehezeit.

2. Die auf Entgeltpunkten und die auf Entgeltpunkten (Ost) beruhenden Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung sind nicht gleichartig i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG.

3. Die auf Entgeltpunkten und die auf Entgeltpunkten (Ost) beruhenden Anrechte eines Ehegatten sind bei Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG regelmäßig als Einheit anzusehen mit der Folge, dass nicht eines der beiden (Teil) Anrechte wegen Geringfügigkeit seines Ausgleichswerts vom Versorgungsausgleich auszunehmen ist. Hat der andere Ehegatte allerdings seinerseits ein Anrecht von geringem Ausgleichswert erworben, so kann es angemessen sein, neben diesem im Gegenzug auch das in einem Teil Deutschlands erworbene Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Ausgleich auszunehmen.

4. Zur Behandlung eines ausländischen Versorgungsanrechts im Wertausgleich bei der Scheidung.

 

Normenkette

VersAusglG §§ 10, 18-19

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Urteil vom 28.11.2008; Aktenzeichen 609 F 2795/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund wird das Urteil des AG - Familiengericht - Hannover vom 28.11.2008 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (II des Tenors) geändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:

Vom Versicherungskonto Nr. ... des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund werden 10,0342 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung auf das Versicherungskonto Nr. ... der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragen.

Vom Versicherungskonto Nr. ... der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund werden 6,6408 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung auf das Versicherungskonto Nr. ... des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragen.

Bezüglich der vom Ehemann bei der Deutschen Rentenversicherung Bund erworbenen Entgeltpunkte (Ost) und bezüglich der von der Ehefrau bei der O. C. Lebensversicherung AG aufgrund des Versicherungsvertrags mit der VersicherungsscheinNr. ... erworbenen privaten Rentenanwartschaft findet gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG kein Wertausgleich bei der Scheidung statt.

Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt jeder Beteiligte selbst.

Beschwerdewert: Gebührenstufe bis 1.200 EUR.

 

Gründe

I. Die beteiligten Eheleute schlossen ihre Ehe am 7.9.1993 und wurden auf den am 26.6.2008 zugestellten Antrag der Ehefrau durch das angefochtene Urteil vom 28.11.2008, insoweit rechtskräftig seit 4.12.2008, geschieden. Das AG hat den Versorgungsausgleich durchgeführt und gesetzliche Rentenanwartschaften, die teilweise in Entgeltpunkte und teilweise in Entgeltpunkte (Ost) umgerechnet werden sollten, vom Ehemann auf die Ehefrau übertragen. Bei der Berechnung des Gesamtausgleichsanspruchs hatte das AG auf Seiten der Ehefrau eine bei der O. C. Lebensversicherung AG erworbene private Rentenanwartschaft verrechnet.

Mit ihrer Beschwerde vom 18.12.2008 hat die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund gerügt, dass auf Seiten der Ehefrau während der Ehezeit in Frankreich erworbene Rentenanwartschaften nicht berücksichtigt worden seien.

Der Senat hat mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss vom 19.3.2009 das Ruhen des Beschwerdeverfahrens angeordnet und das Verfahren mit Beschluss vom 3.9.2009 wieder aufgenommen.

II. Gemäß Art. 111 Abs. 3 FGGRG und § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist im Beschwerdeverfahren das seit dem 1.9.2009 geltende neue materielle und Verfahrensrecht anzuwenden.

Die Beschwerde der DRV Bund ist im Ergebnis unbegründet. Sie führt jedoch aufgrund der eingetretenen Reform des Versorgungsausgleichsrechts zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.

1. Nach dem nunmehr maßgebenden neuen Recht sind die von den Ehegatten in der Ehezeit, d.h. hier in der Zeit vom 1.9.1993 bis zum 31.5.2008 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG), erworbenen Versorgungsanwartschaften jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen (§ 1 Abs. 1 VersAusglG).

Ausländische Anrechte eines Ehegatten sind jedoch in keinem Fall mehr in den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich einzubeziehen. Deshalb ist es für das vorliegende Verfahren unerheblich, ob die Auffassung der DRV Bund zutrifft, dass die der Ehefrau nach französischem Rentenversicherungsrecht aufgrund von Kindererziehungszeiten anzurechnenden 16 Trimester und die darauf beruhenden ausländischen Anwartschaften (ganz oder teilweise) der Ehezeit zuzuordnen sind. Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG sind etwaige in der Ehezeit erworbene französische Rentenanwartschaften der Ehefrau nicht ausgleichsreif. Hinsichtlich dieser Anrechte findet nach § 19 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG kein Wertausgleich statt. Schuldrech...

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