Leitsatz (amtlich)

Der sog. Durchgangsarzt der Berufsgenossenschaft haftet nur dann für fehlerhaftes ärztliches Handeln persönlich, wenn er nicht in Erfüllung der der Berufsgenossenschaft ggü. dem Patienten obliegenden öffentlich-rechtlichen Pflicht gem. Art. 34 GG, § 839 BGB, sondern aufgrund eines zwischen ihm und dem Patienten zustande gekommenen zivilrechtlichen Behandlungsverhältnisses tätig geworden ist. Dies ist nicht der Fall, wenn er bei Nachschauterminen lediglich überprüft, ob die allgemeine Heilbehandlung fortgesetzt oder zu einer besonderen Heilbehandlung übergegangen werden soll.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 17.10.2008; Aktenzeichen 3 O 223/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.03.2010; Aktenzeichen VI ZR 131/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Bremen vom 17.10.2008 - Az. 3 O 223/08 (c) - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn der Beklagte nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe geleistet hat.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung gegen das klagabweisende Urteil des LG Bremen vom 17.10.2008 ihre Klageanträge erster Instanz weiter. Sie behauptet, dass dem Beklagten bei ihrer Behandlung im Jahre 2003 eine ärztliche Pflichtverletzung unterlaufen sei, da er nicht unmittelbar nach dem 26.2.2003 die konservative Behandlung ihrer Verletzung am linken Fußgelenk abgebrochen und einen damals indizierten operativen Eingriff durchgeführt habe. Sie vertritt auch in der Berufungsinstanz die Auffassung, dass der Beklagte am 26.2.2003 nicht mehr als sog. Durchgangsarzt tätig geworden sei, sondern die ärztliche Behandlung selbst übernommen habe. Sie beantragt daher die Abänderung des landgerichtlichen Urteils dahingehend, dass der Beklagte verurteilt werde, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszins ab dem 16.6.2007 zu zahlen sowie sie von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.196,43 freizuhalten EUR. Zudem beantragt sie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, allen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihr, der Klägerin, aus der vom Beklagten durchgeführten ärztlichen Behandlung zwischen dem 26.2.2003 und dem 19.1.2006 entstanden sei, soweit Ersatzansprüche nicht auf Dritte übergegangen seien. Wegen der näheren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 23.12.2008 (Bl. 72 d.A.) sowie auf den Schriftsatz vom 2.3.2009 (Bl. 104 d.A.) Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der näheren Begründung seines Antrags wird auf den Schriftsatz vom 12.2.2009 (Bl. 87 d.A.) verwiesen.

II. Die statthafte (§ 511 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte (§§ 517, 519, 520 ZPO) und begründete Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Bremen vom 17.10.2008 ist zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu, da es an der Passivlegitimation des Beklagten fehlt.

Der Beklagte bzw. für ihn handelndes Personal des Klinikums Bremen-Ost ist als von der Berufsgenossenschaft bestellter sog. Durchgangsarzt ggü. der Klägerin tätig geworden. Er hat somit in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt, weshalb gem. Art. 34 GG, § 839 BGB eventuell bestehende Amtshaftungsansprüche wegen möglicherweise sorgfaltspflichtwidrigen Verhaltens des Beklagten sich nicht gegen ihn persönlich, sondern allein gegen die Berufsgenossenschaft als Amtsträgerin richten.

Der Beklagte hat eine Doppelrolle insofern inne, als er zum einen als Arzt im Krankenhaus die dortigen Patienten behandelt und zum anderen auch als von der Berufsgenossenschaft, bei der die Klägerin versichert ist, bestellter Durchgangsarzt die Versicherten nach einem Arbeitsunfall betreut. Eine persönliche Haftung des Beklagten für fehlerhaftes ärztliches Handeln kommt nur dann in Betracht, wenn er nicht in Erfüllung der der Berufsgenossenschaft ggü. der Klägerin obliegenden öffentlich-rechtlichen Pflicht, sondern aufgrund eines zwischen ihm und der Patientin zustande gekommenen zivilrechtlichen Behandlungsverhältnisses tätig geworden ist. Dass letzteres hier der Fall war, hat die Klägerin zwar behauptet, aber nicht bewiesen.

Der Senat geht - ebenso wie bereits das LG in dem angefochtenen Urteil - davon aus, dass der Beklagte sowohl am 26.2.2003 als auch am 17.3.2003 ggü. der Klägerin als Durchgangsarzt gehandelt hat.

Die Tätigkeit eines Durchgangsarztes erfolgte auf der Grundlage des seinerzeit geltenden "Vertrages gem. § 34 Abs. 3 SGB VII zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. sowie dem Bundesverband der land...

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