Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Teilurteil bei einem die gleiche Zeit betreffenden beiderseitigen gegenläufigen Verlangen auf Abänderung eines Unterhaltstitels

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Falle eines die gleiche Zeit betreffenden, beiderseitigen gegenläufigen Verlangens auf Abänderung eines Unterhaltstitels (horizontale Aufteilung) darf über Klage oder Widerklage nicht durch Teilurteil entschieden werden.

2. Bei einer Aufteilung des Unterhaltstitels in zeitlicher Hinsicht (vertikale Teilentscheidung) ist nach § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein Teilurteil dagegen zulässig. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn Wertungswidersprüche zwischen Teil- und Schlussurteil nicht ausgeschlossen werden können, weil Klage und Widerklage von derselben Vorfrage abhängen (hier: Einkommen eines Selbständigen).

 

Normenkette

ZPO § 301 Abs. 1 S. 1, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Urteil vom 12.12.2006; Aktenzeichen 59 F 19/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG - FamG - Bremen vom 12.12.2006 aufgehoben und die Sache an das FamG Bremen zurückverwiesen.

II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.550,43 EUR festgesetzt.

 

Gründe

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.)

Die gem. §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung ist begründet und hat insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FamG führt.

Das angefochtene Teilurteil ist gem. § 301 Abs. 1 ZPO unzulässig.

Das FamG hat mit dem Teilurteil über die Abänderungsklage des Klägers für den Zeitraum ab Dezember 2002 entschieden, mit der er den Wegfall seiner Unterhaltspflicht aus der notariellen Urkunde vom 23.1.1995 ggü. den Beklagten erreichen will. Die Abänderungswiderklage der Beklagten, mit der sie eine Erhöhung des in der Urkunde festgelegten Unterhalts für die Zeit ab 1.7.2003 begehren, ist noch beim FamG anhängig.

Das Gesetz sieht in § 301 Abs. 1 ZPO ein Teilurteil (auch) über die Klage oder über die Widerklage vor. Es darf aber - wie jedes andere - nur dann erlassen werden, wenn es durch das über den Rest ergehende Schlussurteil unter keinen Umständen mehr berührt werden kann, wenn die Entscheidung über den Teil unabhängig davon ist, wie der Streit über den Rest ausgeht, wenn also die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Diese Grundsätze lassen nicht zu, im Falle eines die gleiche Zeit betreffenden, beiderseitigen gegenläufigen Verlangens auf Abänderung eines Titels über wiederkehrende Leistungen durch Teilurteil der Klage oder der Widerklage ganz oder teilweise stattzugeben (BGH v. 29.10.1986 - IVb ZR 88/85, MDR 1987, 301 = NJW 1987, 441 = FamRZ 1887, 151, m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 301 Rz. 9a). Dieselben Erwägungen gelten ebenso im Falle der Klageabweisung (BGH, a.a.O.).

Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist das angefochtene Teilurteil unzulässig. Das gilt nicht nur bezogen auf den Zeitraum ab Juli 2003, sondern auch bereits für den Zeitraum ab Dezember 2002.

Für den für Zeitraum ab Juli 2003 bedarf die Unzulässigkeit des Teilurteils nach dem oben Gesagten keiner weiteren Erläuterungen. Für diesen Zeitraum liegt die gleiche Zeit betreffende, beiderseitige gegenläufige Verlangen der Parteien auf Abänderung vor.

Die vorstehenden Erwägungen beanspruchen aber auch für den vorangegangen Zeitraum von Dezember 2002 bis einschließlich Juni 2003 Geltung.

Zwar handelt es sich insoweit um eine sog. vertikale Teilentscheidung (Aufteilung des Unterhaltsanspruchs in zeitlicher Hinsicht), die grundsätzlich nach § 301 ZPO zulässig ist. Allerdings müssen auch in diesem Fall Wertungswidersprüche zwischen Teil- und Schlussurteil ausgeschlossen sein (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 26.8.1999 - 9 UF 7/99 -, NJWE-FER 2000, 219; Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl., Rz. 5123).

Solche Wertungswidersprüche können vorliegend jedoch nicht ausgeschlossen werden. Klage und Widerklage hängen auch insoweit von derselben Vorfrage ab; sie stehen auch für diesen Zeitraum in einem untrennbaren Zusammenhang, der zur Unzulässigkeit eines Teilurteils führt (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., Rz. 9a). Maßgeblich für Klage und Widerklage ist das Einkommen des Klägers. Da er überwiegend selbständig tätig ist, seine Einnahmen aus verschiedenen Unternehmungen beziehungsweise anderen Quellen stammen und diese ausweislich des Sachverständigengutachtens vom 10.7.2006 starken Schwankungen unterworfen sind (vgl. Bl. 450 d.A.), ist mindestens ein Zeitraum von drei Jahren, wenn nicht sogar - wie im Sachverständigengutachten geschehen - ein Fünfjahreszeitraum zugrunde zu legen (vgl. Wendl/Kemper, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 1 Rz. 274). Hieraus ist ein durchschnittliches Einkommen zu ermitteln. Das bedeutet, dass es bei den vorliegenden Einkommensverhältnissen nicht möglich ist, für den zeitlich vor der Widerklage liegenden Teil der Abänderungsklage (Dezember 2002 bis einschließlich Juni...

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