Entscheidungsstichwort (Thema)

Alleinige Kostentragungspflicht der Kindesmutter im Vaterschaftsfeststellungsverfahren, wenn sie durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat

 

Leitsatz (amtlich)

Der Kindesmutter können im gerichtlichen Vaterschaftsfeststellungsverfahren nach billigem Ermessen gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG die Kosten des gesamten Verfahrens auferlegt werden, wenn sie der außergerichtlichen Vaterschaftsfeststellung nicht zustimmt, obwohl sie keinen Zweifel an der biologischen Vaterschaft hat.

 

Normenkette

FamFG § 81 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Aktenzeichen 67 F 4131/22)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 3.) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 23.11.2023 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 3.) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 1.000,00 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 3.) ist die Mutter des Beteiligten zu 1.) und war zum Zeitpunkt von dessen Geburt nicht verheiratet. Eine Vaterschaft für den Beteiligten zu 1.) war zunächst nicht festgestellt.

Der Antragsteller begehrt, seine Vaterschaft für den Beteiligten zu 1.) festzustellen. Er hat vorgetragen, dass er in der gesetzlichen Empfängniszeit mit der Beteiligten zu 3.) geschlechtlich verkehrt habe. Zu einer Vaterschaftsanerkennung sei es nicht gekommen, weil die Beteiligte zu 3.) hierzu nicht bereit gewesen sei.

Die Beteiligte zu 3.) hat mitteilen lassen, dass der Antragsteller der biologische Vater des betreffenden Kindes sei, sie an einer Vaterschaftsanerkennung aber nicht mitwirken wolle, weil der Antragsteller sich um das Kind nicht gekümmert habe.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Abstammungsgutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 10.07.2023 verwiesen.

Durch Beschluss vom 23.11.2023 hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Antragsteller der Vater des Beteiligten zu 1.) ist. Die Kosten des Verfahrens wurden der Beteiligten zu 3.) auferlegt. Für die nähere Begründung wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen.

Mit ihrer Beschwerde vom 22.12.2023 gegen den ihr am 24.11.2023 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 3.) dagegen, dass ihr die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auferlegt worden sind. Richtig sei, dass sie ihre Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung nicht habe erteilen wollen, weil der Antragsteller sich nicht um das Kind gekümmert habe. Das könne aber nicht dazu führen, dass ihr nun die Kosten des Verfahrens auferlegt würden. Denn die Vaterschaft anzuerkennen sei grundsätzlich eine freiwillige Willenserklärung, bei der sowohl die Kindesmutter als auch der Vater des Kindes zustimmen müssten. Zudem sei es erforderlich gewesen, durch ein Gutachten die tatsächliche biologische Vaterschaft des Antragstellers festzustellen. Ihr, der Beteiligten zu 3.), könnten daher die Kosten des Verfahrens nicht allein deswegen auferlegt werden, weil sie außergerichtlich oder im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ihre Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung nicht erteilt habe.

Der Antragsteller hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II. 1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 3.) ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wozu die die Abstammungssachen zählen, die isolierte Anfechtung der in einer Endentscheidung getroffenen Kostenentscheidung statthaft (vgl. Göbel, in: Sternal, FamFG, 21. Aufl., § 58 Rn. 117).

2. Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Denn es entspricht aus den zutreffenden Gründen der amtsgerichtlichen Entscheidung der Billigkeit, die Verfahrenskosten der ersten Instanz der Beteiligten zu 3.) allein aufzuerlegen.

In Vaterschaftsfeststellungsverfahren entspricht es regelmäßig der Billigkeit, der Kindesmutter und dem potentiellen Kindesvater die Gerichtskosten des Verfahrens hälftig aufzuerlegen und sie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst tragen zu lassen. Denn Kindesmutter und potentieller Vater veranlassen das Verfahren in gleicher Weise dadurch, dass sie in der gesetzlichen Empfängniszeit miteinander geschlechtlich verkehrt haben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.05.2011, 1 WF 260/10, juris Rn. 14; OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.11.2021, 8 WF 163/21, juris Rn. 11 m.w.N.). Einem der Beteiligten sind die Kosten jedoch unter anderem dann allein aufzuerlegen, wenn der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat (§ 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Diese Voraussetzungen liegen bei der Kindesmutter vor, weil sie auf ein gerichtliches Vaterschaftsanerkennungsverfahren bestanden hat, obwohl für sie keinerlei Zweifel an der biologischen Vaterschaft des Beteiligten zu 2) gegeben waren.

Zwar muss grundsätzlich die Kindesmutter einer Anerkennung der Vaterschaft nicht zustimmen, sondern kann auf einer gerichtlichen Klärung bestehen, wenn sie davon ausgeht, dass auch ein anderer Mann al...

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