Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckungsgegenklage nach Rechtskraft der Scheidung gegen eine einstweilige Anordnung nach § 644 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen eine im Rahmen eines Verfahrens auf Trennungsunterhalt erlassene einstweilige Anordnung nach § 644 ZPO oder einen sie abändernden Vergleich ist nach Rechtskraft der Scheidung die Zwangsvollstreckungsgegenklage statthaft.

 

Normenkette

ZPO § 620 Nr. 6, §§ 644, 767

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 20.06.2000; Aktenzeichen 76 134/05)

 

Tenor

Die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vor dem AG - FamG - Bremen-Blumenthal vom 20.6.2000, Aktenzeichen 76 F 0361/99, wird bis zum Erlass des Urteils in dem Verfahren 5 UF 75/05 einstweilen eingestellt.

 

Gründe

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. In dem im Jahre 1999 begonnenen Verfahren 76 F 361/99 klagte die Beklagte dieses Verfahrens u.a. auf Trennungsunterhalt und beantragte den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 644 ZPO. Diese wurde mit Beschl. v. 20.7.1999 erlassen. Durch dessen Ziff. I. 1. wurde der Kläger dieses Verfahrens verpflichtet, an die jetzige Beklagte einen monatlichen "Trennungsunterhalt" i.H.v. 2.280 DM zu zahlen. In dem selben Verfahren schlossen die Parteien sodann am 20.6.2000 einen "Vergleich zur einstweiligen Anordnung", dessen Ziff. 1. lautet: "Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Antragsgegner in Abänderung der einstweiligen Anordnung. ... vom 20.7.1999, ab Juli 2000, an die Antragstellerin zu 1.) monatlichen Unterhalt i.H.v. 1.233 DM zahlt.". Die Ehe der Parteien wurde durch Urt. v. 6.3.2001 geschieden. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wurden Unterhaltsfragen nicht thematisiert. Mit Schriftsatz vom 25.9.2001 erweiterte die Beklagte in dem im Jahre 1999 begonnenen Verfahren auf Trennungsunterhalt ihre Klage auf nachehelichen Unterhalt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Beklagte betreibt fortlaufend die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger aus dem am 20.6.2000 geschlossenen Vergleich.

Mit einer am 11.3.2005 zugestellten Klage hat der Kläger im vorliegenden Verfahren begehrt, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 23.5.2000 - richtig 20.6.2000 - festzustellen. Dieser Vergleich regele nur Trennungsunterhalt, der Anspruch auf Trennungsunterhalt sei aber mit Rechtskraft der Ehescheidung erloschen. Das FamG hat die Klage abgewiesen und dazu im wesentlichen ausgeführt, die Regelung des Ehegattenunterhalts in einer einstweiligen Anordnung gelte grundsätzlich auch für die Zeit nach Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils bis zum Wirksamwerden einer anderweitigen Unterhaltsregelung fort. Da der Vergleich an die Stelle der erlassenen einstweiligen Anordnung getreten sei, wirke auch der Vergleich über den Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils hinaus fort. Unerheblich sei, dass der Beschl. v. 20.7.1999 ausdrücklich auf Trennungsunterhalt gelautet habe, da nicht erkennbar sei, dass die Parteien die Wirksamkeit des Vergleichs auf den Trennungsunterhalt hätten beschränken wollen.

Gegen dieses, ihm am 19.7.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt, die er rechtzeitig begründet hat. Er verfolgt sein erstinstanzliches Begehren weiter und beantragt darüber hinaus, die Vollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 23.5.2000 - richtig 20.6.2000 - bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung einstweilen einzustellen.

Dem Antrag des Klägers auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung war stattzugeben, denn die vom Kläger erhobene Zwangsvollstreckungsgegenklage ist zulässig und verspricht Aussicht auf Erfolg.

Zwar hat der Kläger in seinem Antrag auf einstweilige Einstellung der Vollstreckung Bezug genommen auf § 770 ZPO. Der Senat geht jedoch davon aus, dass es sich insoweit um einen Schreibfehler handelt und der Kläger die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO begehrt, was sich seinem Vorbringen insgesamt entnehmen lässt.

Den von den Parteien im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens nach § 644 ZPO geschlossenen Vergleich vom 20.6.2000 kann der Kläger zulässigerweise mit der Zwangsvollstreckungsgegenklage angreifen, denn er macht geltend, der titulierte Anspruch sei durch die Ehescheidung erloschen (Musielak/Borth, ZPO, 4. Aufl., § 644 Rz. 3; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 644 Rz. 12b; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rz. 252).

Die Auffassung des FamG, dass eine einstweilige Anordnung betreffend Unterhalt auch den nachehelichen Unterhalt erfasse, ist richtig, soweit es sich um eine einstweilige Anordnung nach § 620 Nr. 6 ZPO handelt, die gem. § 620a Abs. 2 ZPO im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens beantragt und erlassen werden kann (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 620 Rz. 1, 58; § 620 f. Rz. 2).

Anders verhält es sich bei einer einstweiligen Anordnung nach § 644 ZPO. Zulässigkeitsvoraussetzung ist hier nicht die Anhängigkeit einer Ehesache bzw. das Vorliegen eines entsprechenden ...

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