Normenkette

BGB § 2354 Abs. 1 Nr. 2, § 2356 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Bremen-Blumenthal (Beschluss vom 02.09.2014; Aktenzeichen 50 VI 593/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 5.10.2014 gegen den Beschluss des AG Bremen-Blumenthal vom 2.9.2014 wird dieser Beschluss aufgehoben und das AG angewiesen, von den im angefochtenen Beschluss zugrunde gelegten Bedenken Abstand zu nehmen und den beantragten Mindest-Teilerbschein zu erteilen.

Gerichtskosten der I. und II. Instanz werden nicht erhoben.

Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

Der Gegenstandswert wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

1. Mit Antrag vom 11.8.2011 (Bl. 1 d.A.) beantragte die Antragstellerin die Erteilung eines gemeinschaftlichen Teilerbscheines, durch den ausgewiesen werden soll, dass die Erblasserin jedenfalls zu 6/24 beerbt worden ist durch die Antragstellerin und 5 weitere Erben -Geschwister der Antragstellerin-, jeweils zu gleichen Teilen. Mit Ergänzung vom 14.9.2012 hat sie klargestellt, dass es sich um einen Antrag auf Erteilung eines Mindest-Teilerbscheins handelt (Bl. 42 d.A.). Wegen der Einzelheiten der geltend gemachten gesetzlichen Erbfolge wird auf die Darstellung in dem notariell beurkundeten Erbscheinantrag vom 26.6.2011 des Notars Z., Ur-Nr. [...], deren Richtigkeit die Antragstellerin eidesstattlich versichert hat (Bl. 7 d.A.), sowie auf die vom Bevollmächtigten der Antragstellerin eingereichten Skizzen (Bl. 10 ff. d.A.) Bezug genommen.

Nach diversen Beanstandungen und Erteilung verschiedener Auflagen seitens des Nachlassgerichtes betreffend den Nachweis der von der Antragstellerin geltend gemachten Erbfolge (vgl. Bl. 17 d.A., 43 d.A., Bl. 63 d.A., Bl. 75 d.A., Bl. 86 d.A.) und der weitgehenden Erfüllung der Auflagen durch die Antragstellerin konzentrierten sich die Bedenken des AG auf zwei Punkte, nämlich auf den Nachweis des Todes von Helmut L., eines Bruders der Mutter der Erblasserin, nachzuweisen durch Vorlage einer entsprechenden Sterbeurkunde, und den Nachweis der Abstammung der Schwester der Erblassermutter, Gertrud N., durch Vorlage einer entsprechenden Geburtsurkunde (vgl. Zuschrift des AG vom 14.11.2012 (Bl. 43 d.A.)).

Die Antragstellerin vermochte trotz intensiver Bemühungen beide Urkunden auf Grund der Vernichtung der entsprechenden Register bzw. des Verlustes der entsprechenden Dokumente in den Wirren des Zweiten Weltkrieges und auf der Flucht der betroffenen Personen aus dem nunmehr in Polen gelegenen Ort Liegnitz/Legnica nicht beizubringen. Weitere Erkenntnisse oder Unterlagen insoweit sind nach Auskunft der zuständigen amtlichen polnischen und deutschen Stellen nicht vorhanden und nicht mehr zu erwarten (amtl. Auskunft des Staatsarchivs in Wroclaw, Niederlassung Legnica, vom 27.11.2012, Bl. 51a f d.A. sowie des Standesamtes Legnica vom 29.11.2012, Bl. 53 d.A. und vom 31.12.2012, Bl. 57, 59 und 61 d.A.; Auskünfte des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Standesamt 1 in Berlin, vom 21.3.2013, Bl. 67 und 68 d.A.).

Die Antragstellerin beruft sich für die entsprechenden Nachweise stattdessen auf die Eintragungen in der amtlichen Meldekartei der damaligen deutschen Stadtverwaltung in Liegnitz (vgl. Schriftsatz vom 26.7.2013, Bl. 64 d.A., zur Meldekartei vgl. Kopie Bl. 73f d.A.), aus der sich nach ihrer Ansicht hinreichend verlässlich das Vorversterben des Helmut L. als auch die Geburt der Gertrud L. als Tochter der Großmutter der Erblasserin ergebe. Dabei beruft sie sich im Einzelnen auf die Funktion und die Zuverlässigkeit des preußischen Meldewesens und seine enge Verknüpfung zu den standesamtlichen Eintragungen unter Heranziehung entsprechender historischer Literatur.

Das AG hat mit Beschluss vom 2.9.2014 gleichwohl die Erteilung des beantragten Erbscheins abgelehnt, weil sich mit dieser Unterlage weder das Vorversterben des Helmut L. noch das Verwandtschaftsverhältnis der Gertrud L. zur Mutter der Erblasserin nachweisen lasse (Bl. 90 d.A.). Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie vor allem geltend macht, das AG habe in seinem Beschluss die Anforderungen an die Nachweispflicht des Antragstellers überspannt.

2. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig gemäß den §§ 58 ff. FamFG, insbesondere fristgerecht gem. § 64 FamFG eingelegt worden; sie erweist sich auch als begründet.

a) Grundsätzlich zutreffend geht das AG davon aus, dass die Antragstellerin gem. § 2354 Abs. 1 Nr. 2 BGB das Verhältnis, auf dem ihr Erbrecht beruht, durch öffentliche Urkunden nachzuweisen hat, § 2356 Abs. 1 S. 1 BGB (vgl. im Einzelnen OLG Schleswig, Beschl. v. 22.11.2010 - 3 Wx 76/10, BeckRS 2010, 30082).

b) Zu folgen ist dem AG auch dahingehend, dass der Antragstellerin dies insoweit nicht gelungen ist, als sie die Sterbeurkunde für Helmut L. und die Geburtsurkunde für Gertrud L. nicht hat beibringen können.

c) Zutreffend geht das AG ferner davon aus, dass weitere Möglichkeiten, die genannten Urkunden beizubringen und ergänzende Aufklärungsmöglichkeiten nicht ersichtlich s...

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