Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen bei Verhängung einer Geldbuße. Verhängung eines Fahrverbotes. Ordnungswidrigkeit. Geldbuße. wirtschaftlichen Verhältnisse. Fahrverbot

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zumindest bei der Verhängung einer Geldbuße von mehr als 250,00 EUR besteht eine Verpflichtung des Gerichts zur Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen. Setzt das Gericht eine in der BKatV vorgesehene Regelgeldbuße fest, ist eine genaue Aufklärung der finanziellen Verhältnisse entbehrlich, wenn sie erkennbar nicht vom Durchschnitt abweichen. Mit der Angabe des ausgeübten Berufes des Betroffenen in dem Urteil hat der Tatrichter die wirtschaftlichen Verhältnisse bereits erkennbar in Betracht gezogen. Ergeben sich keine entgegenstehenden Anhaltspunkte, kann von dieser Feststellung auf durchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse geschlossen werden.

2. Der Tatrichter muss sich bei Verhängung eines Regelfahrverbots der Möglichkeit, von der Verhängung des Fahrverbots absehen zu können, bewusst gewesen sein und dies in den Entscheidungsgründen erkennen lassen. Dagegen kann von dem Tatrichter nicht verlangt werden, er müsse in den Urteilsgründen zu erkennen geben, sich der Möglichkeit bewusst gewesen zu sein, von Verhängung eines Fahrverbotes (allein) gegen Erhöhung der Geldbuße absehen zu können.

 

Normenkette

StPO § 267; OWiG § 17 Abs. 3; StVG §§ 24, 24a, 25 Abs. 1 Sätze 1-2; BkatV § 4

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I. Das Amtsgericht Bremen hat den Betroffenen am 09.08.2011 wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Führens eines Kraftfahrzeuges mit einer Atemalkoholkonzentration von über 0,25 mg/l oder mehr zu einer Geldbuße von 500,00 € verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Zum Rechtsfolgenausspruch hat das Amtsgericht u.a. ausgeführt:

"(...) Außerdem hat das Gericht ein Fahrverbot festgesetzt, § 25 Abs. 1 Satz 2StVG. Von einem Fahrverbot konnte auch nicht abgesehen werden. Bei einer Verurteilung nach § 24a StVG rechtfertigen nach allgemeiner Meinung nur Härten ganz außergewöhnlicher Art oder sonstige das äußere und innere Tatbild beherrschende außergewöhnliche Umstände das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbots (OLG Hamm, NZV 1995, 496). Derartige Umstände sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Gegebenenfalls eintretende wirtschaftliche und berufliche Folgen muss ein Betroffener als selbstverschuldet hinnehmen (OLG Hamm, NZV 2001, 486)."

Gegen das Urteil hat der Betroffene am 16.08.2011 Rechtsbeschwerde eingelegt, die er nach Zustellung der Urteilsgründe am 19.09.2011 mit am 19.10.2011 eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Er rügt mit der Rechtsbeschwerde die Verletzung materiellen Rechts und vertritt die Ansicht, dass das Amtsgericht für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Messung einen Sachverständigen hätte hinzuziehen müssen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und mit den insoweit zugrunde liegenden Feststellungen an das Amtsgericht zurückzuverweisen sowie die Rechtsbeschwerde des Betroffenen im Übrigen als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II. Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 OWiG), form- und fristgerecht eingelegte (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 341 StPO) und begründete (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344, 345 StPO) Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das Amtsgericht Bremen hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 09.08.2011 zu Recht eine Geldbuße von 500,00 € sowie ein einmonatiges Fahrverbot wegen der am 17.11.2010 begangenen fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Führens eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss festgesetzt.

Der Betroffene hat mit seiner Rechtsbeschwerde allein die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund dieser Sachrüge hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 und 3 StPO).

1. Die Darlegungen des Amtsgerichts zur gemessenen Atemalkoholkonzentration halten materiell-rechtlicher Überprüfung stand. Wenn diese durch ein standardisiertes Messverfahren unter Verwendung eines Atemalkoholmessgerätes, das die Bauartzulassung für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs erhalten hat, ermittelt worden ist, genügt der Tatrichter seiner sachlich-rechtlichen Darlegungspflicht, wenn er im Urteil den konkret verwendeten Gerätetyp (hier: Dräger Alcotest 7110 Evidential) und das gewonnene Messergebnis mitteilt (OLG Hamm, Beschluss vom 24.08.2006, Az.: 3 Ss OWi 308/06 - zitiert nach juris; vgl. auch BGHSt 46, 358). Das ist im angefochtenen Urteil geschehen. Zu weiteren Darlegungen in den Urteilsgründen ist der Tatrichter allerdings verpflichtet, wenn - wie hier - konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die für den Einsatz des standarisierten Messverfahrens geforderten Verfahrensbestimmungen nicht eingehalten sind. In diesen Fällen muss der Tatric...

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