Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkenntnis in der Klageerwiderung als sofortiges Anerkenntnis i.S.v. § 93 ZPO bei vorangegangenem PKH-Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anerkenntnis in der Klageerwiderung ist ein sofortiges Anerkenntnis i.S.v. § 93 ZPO, auch wenn der Beklagte im PKH-Verfahren keine Stellungnahme abgegeben hat.

 

Normenkette

ZPO §§ 93, 99, 114, 118

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 30.10.2008; Aktenzeichen 6 O 2440/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) wird die Kostenentscheidung des LG Bremen in dem Schlussurteil vom 30.10.2008 wie folgt abgeändert:

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 42,7 %, der Beklagte zu 1) zu 50 % und der Beklagte zu 2) zu 7,3 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt dieser selbst. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) tragen dieser 14,7 % und der Kläger 85,3 %.

Der Beschwerdewert wird auf 3.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Klageentwurf vom 19.12.2007, verbunden mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, hat der Kläger u.a. den Klageantrag zu 1) angekündigt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, der vom Kläger erklärten Kündigung eines näher bezeichneten Mietverhältnisses mit Wirkung zum 31.10.2007, hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt, zuzustimmen. Prozesskostenhilfeantrag und Klageentwurf sind dem Beklagten zu 2) formlos zugesandt worden. Er hat darauf nicht reagiert. Durch Beschluss vom 19.3.2008 bewilligte das LG dem Kläger Prozesskostenhilfe, bezüglich des Klageantrags zu 1) nur insoweit, als der Kläger beantragt, dass die Beklagten der Kündigung mit Wirkung zum 31.3.2011 zustimmen. Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 28.4.2008 eine entsprechend geänderte Klageschrift eingereicht hat, die dem Beklagten zu 2) zugestellt wurde, hat dieser fristgemäß zunächst Verteidigungsbereitschaft angezeigt und innerhalb der Klageerwiderungsfrist mit Schriftsatz vom 3.7.2008 den (geänderten) Klageantrag zu 1) anerkannt.

Am 1.8.2008 hat das LG daraufhin u.a. gegen den Beklagten zu 2) ein Teilanerkenntnisurteil erlassen. Mit Schlussurteil vom 30.10.2008 hat das LG dem Beklagten zu 2) auch die Prozesskosten bezüglich des anerkannten Anspruchs auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Beklagten die Regelung des § 93 ZPO nicht zu Gute komme, weil er auf den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht reagiert und damit Anlass zur Erhebung der Klage gegeben habe. Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich die die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2).

II. Die nach § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Zutreffend wendet sich der Beklagte zu 2) dagegen, dass das LG nicht zu seinen Gunsten § 93 ZPO angewendet hat, denn er hat keine Veranlassung zur Klage im Hinblick auf den Klageantrag zu 1) gegeben.

Das Anerkenntnis des Beklagten zu 2) im Schriftsatz vom 3.7.2008 ist ein "sofortiges" Anerkenntnis i.S.v. § 93 ZPO. Der Beklagte zu 2) hat es bereits in der Klageerwiderung abgegeben, die innerhalb der vom LG hierfür gesetzten Frist eingegangen ist. Der Wertung als "sofortiges" Anerkenntnis steht insbesondere nicht entgegen, dass es der Beklagte unterlassen hat, bereits im Prozesskostenhilfeverfahren zur Klage eine Stellungnahme abzugeben und schon deutlich zu machen, dass er den Klageantrag zu 1) anerkennen wird.

Das Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist kein kontradiktorisches Verfahren. Vielmehr betrifft es nur die hilfsbedürftige Partei selbst sowie das Gericht. Der Gegner ist an diesem Verfahren nicht beteiligt. Er erhält gem. § 118 Abs. 1 ZPO lediglich eine Gelegenheit zur Stellungnahme, die von ihm jedoch nicht wahrgenommen werden muss. Sieht er von einer Stellungnahme ab, ist im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe davon auszugehen, dass die Angaben des Klägers zutreffen. Darüber hinausgehend kann dem Beklagten aus seiner Nichtbeteiligung an diesem Verfahren aber kein Nachteil entstehen. Insbesondere hat der Beklagte wegen des Absehens von einer Stellungnahme im Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe keinen Anlass zur Klageerhebung i.S.d. § 93 ZPO gegeben (vgl. dazu OLG Hamm FamRZ 2004, 466 [467]; Zöller/Herget, 27. Aufl., § 93 Rz. 6 "Prozesskostenhilfe").

Aus welchem Grund das LG im Nichtabhilfebeschluss vom 30.10.2008 eine andere Rechtsauffassung vertritt, ist nicht ersichtlich. In der sofortigen Beschwerde des Beklagten zu 2) sind die vorgenannten Fundstellen aus Rechtsprechung und Kommentierung bereits genannt. Es wäre deshalb vom LG zu erwarten gewesen, dass es sich, wenn es von der in diesen Fundstellen vertretenen Auffassung abzuweichen beabsichtigt, mit den dort und vom Beklagten zu 2) genannten Argumenten auseinandersetzt. Eine entsprechende Begründung fehlt jedoch. Das ist um so weniger verständlich, als das LG die Erfolgsaussicht des angekündigten Antrages zu 1) in der ursprünglichen, dem Beklagten zu 2) im PKH-Verfahren übermittelten Fassu...

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