Leitsatz (amtlich)

1. Die für das "Verfahren im Allgemeinen" zu entrichtende Gebühr (GKG Anlage 1 [KV] 1201 a.F., Nr. 1210 n.F.) bestimmt sich nach dem Wert des Streitgegenstandes im Zeitpunkt der Einreichung der Klage, so dass eine spätere Ermäßigung in Gestalt einer Teilrücknahme sich nicht gebührenmindernd auswirkt.

2. Der Ermäßigungstatbestand nach GKG Anlage 1 (KV) Nr. 1202 a.F., Nr. 1211 n.F. setzt entsprechend seinem eindeutigen Wortlaut die Beendigung des gesamten Verfahrens im Wege kostensparender Beendigungsgründe voraus.

3. Werden im Rahmen einer vergleichsweise getroffenen Kostenregelung die durch die Säumnis des Klägers entstandenen (zusätzlichen) Kosten diesem auferlegt, so zählt zu diesen nicht die bereits mit Einreichung der Klage nach dem vollen Wert des Streitgegenstandes entstandene Gebühr für das "Verfahren im Allgemeinen".

 

Normenkette

GKG Anlage 1 (KV) Nr. 1202 a.F., Nr. 1211 n.F.; ZPO § 344

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 12.01.2005; Aktenzeichen 12 O 174/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Bremen vom 12.1.2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von Werklohnforderungen über ursprünglich 373.187,03 EUR in Anspruch genommen. Mit Schriftsatz vom 29.8.2003 hat der Kläger seine Klage unter Rücknahme im Übrigen auf 199.505,97 EUR ermäßigt. In dem vom LG auf den 27.11.2003 anberaumten Termin erschien für den Kläger niemand, worauf das LG - 2. Kammer für Handelssachen - am gleichen Tage antragsgemäß ein klagabweisendes Versäumnisurteil erlassen hat. Nach rechtzeitiger Einspruchseinlegung und Wechsel weiterer Schriftsätze haben sich die Parteien wie folgt verglichen:

"1. Die Beklagte zahlt an den Kläger 70.000 EUR.

2. ...

3. Der Kläger trägt die Kosten seiner Säumnis. Die Kosten des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben. Von den weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 80 % und die Beklagte 20 %."

Das LG hat das Zustandekommen dieses Vergleich durch Beschl. v. 17.11.2004 gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt.

In dem Kostenfestsetzungsbeschluss des LG vom 12.1.2005 sind die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten festgesetzt worden auf 1.491,71 EUR. Bei der Berechnung hat der Rechtspfleger auf Seiten der dem Kläger entstandenen Kosten 7.068 EUR als Gerichtskosten (3,0 Gebühren nach GKV 1201 a.F.) in Ansatz gebracht und als Säumniskosten eine 5/10 Verhandlungsgebühr der Beklagten zzgl. anteiliger Umsatzsteuer errechnet.

Gegen diesen ihr am 19.1.2005 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 20.1.2005 "Erinnerung" eingelegt. Sie hat geltend gemacht, der Rechtspfleger habe die Gerichtskosten zu hoch in Ansatzgebracht, da er die Klagreduzierung nicht berücksichtigt habe. Dem Kläger hätten anteilige Gerichtskosten erstattet werden müssen.

Im Übrigen sei der Ansatz der vollen entstandenen Gerichtskosten im Rahmen der Kostenquotelung nicht richtig: Hätte es die Säumnis des Klägers nicht gegeben, wäre mit Rücksicht auf den später geschlossenen Vergleich lediglich eine Gerichtsgebühr angefallen.

Der Rechtspfleger beim LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Hamburg zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insb. ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1, 569 ZPO).

Sie ist jedoch unbegründet.

Zutreffend hat der Rechtspfleger die auf Seiten der dem Kläger entstandenen Gerichtskosten in voller Höhe mit 7.068 EUR (3,0 Gebühren nach GKG-KV Nr. 1201 a.F.) in Ansatz gebracht. Die Teilermäßigung der ursprünglich auf Zahlung von 373.187,03 EUR gerichtete Klage auf 199.505,97 EUR wirkt sich insoweit nicht aus. Nach § 12 Abs. 1 S. 1 GKG a.F. richtet sich die Wertberechnung grundsätzlich nach dem Zuständigkeitsstreitwert, der sich hier gem. § 4 Abs. 1 ZPO nach dem Zeitpunkt der Einreichung der Klage bestimmte, so dass hier die ursprüngliche Klagforderung von 373.187,03 EUR maßgeblich ist. In GKG-KV Nr. 1202 a.F. (entspricht insoweit GKG-KV Nr. 1211 n.F.) wird zudem die Ermäßigung der Gebühr im Falle der Zurücknahme einer Klage von der Beendigung des gesamten Verfahrens abhängig gemacht. Das schließt eine Gerichtsgebührenreduzierung bei einer bloßen Teilrücknahme aus (ebenso OLG Bamberg JurBüro 1998, 653; OLG Frankfurt v. 7.1.1998 - 7 U 236/96, OLGReport Frankfurt 1998, 114 = MDR 1998, 653 = MDR 1998, 1121; OLG Koblenz AnwBl. 2003, 187; Hartmann, KostG, 34. Aufl., Rz. 3, 4 zu GKG-KV 1211). Den dagegen von E. Schneider (E. Schneider, MDR 1999, 463) vorgebrachten Bedenken vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Sie lassen sich mit dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Nr. 1202 GKG-KV a.F. ("Beendigung des gesamten Verfahrens"), den der Gesetzgeber in Kenntnis der Streitfrage unverändert in die Neufassung des GKG (KV-Nr. 1211) übernommen hat, nicht vereinbaren.

Ebenfalls zutreffend hat der Rechtspfleger die ...

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