Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Festsetzung einer Pauschvergütung. Strafprozessrecht. Festsetzung Pauschvergütung. Begründung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Festsetzung einer Pauschvergütung setzt zunächst voraus, dass die konkrete Strafsache eine zeitaufwändigere, gegenüber vergleichbaren Verfahren deutlich erhöhte Tätigkeit des Verteidigers erforderlich gemacht hat.

2. Ob dieses der Fall war und der Umfang der Tätigkeit des Verteidigers mit den Gebühren des § 97 BRAGO unzumutbar niedrig vergütet wird, ist von diesem konkret darzulegen. Ohne eine entsprechende Begründung kann eine Pauschvergütung nicht zuerkannt werden.

 

Normenkette

BRAGO §§ 97, 99; RVG § 61

 

Tenor

Der Antrag des Rechtsanwaltes Dr. h.c. S.vom 28. September 2012 auf Gewährung einer Pauschgebühr gemäß § 99 BRAGO wird als unbegründet zurückgewiesen.

 

Gründe

Rechtsanwalt Dr. h.c. S.wurde am 27. November 2001 vom Vorsitzenden des Schurgerichtes I des Landgerichts Bremen zum Verteidiger des damaligen Angeklagten T. bestellt. Mit Verfügung vom 30. September 2002 bestellte der Vorsitzende den Rechtsanwalt Dr. T. aus Greifswald zum weiteren Verteidiger neben Rechtsanwalt Dr. h.c. S.. Unter dem 04.04.2003 stellte der Vorsitzende des Schwurgerichtes I klar, dass sich die Bestellung der beiden Rechtsanwälte nunmehr auf das gesamte Verfahren einschließlich des hinzuverbundenen Verfahrens erstrecke. Dem damaligen Mitangeklagten H. waren ebenfalls zwei Verteidiger beigeordnet worden.

Die erste Hauptverhandlung gegen die beiden damaligen Angeklagten fand an 40 Tagen im Zeitraum vom 04.08.2003 bis zum 23.03.2004 statt. Rechtsanwalt Dr. h.c. S. nahm an 29 Tagen teil, der Mitverteidiger Dr. T. an 37 Tagen. Während der gesamten Hauptverhandlung stellte Rechtsanwalt Dr. h.c. S. jeweils gemeinsam mit dem Mitverteidiger Dr. T. insgesamt 7 schriftlich formulierte und zu Protokoll gereichte Anträge und erhob 4 derartige Widersprüche gegen die Erhebung oder die Verwertung von Beweisen. Mitverteidiger Dr. T. stellte allein noch 2 weitere derart verfasste Anträge. Am 16. Hauptverhandlungstag, dem 21.10.2003, erschienen die beiden Verteidiger nach der Mittagspause in einem Zustand, der jedenfalls bei dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, dem Schwurgericht und Teilen der Presse den Eindruck erweckte, sie seien stark alkoholisiert und zu einer angemessenen Teilhabe an der Hauptverhandlung nicht mehr in der Lage. Die beabsichtigte Vernehmung einer Zeugin wurde deshalb abgebrochen.

Am 23. März 2004 verurteilte das Schwurgericht I den damaligen Mitangeklagten H. wegen Mordes und gemeinschaftlichen Mordes unter Einbeziehung der lebenslangen Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Rostock vom 25.03.2003 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und stellte fest, dass seine Schuld besonders schwer wiege. Den damaligen Angeklagten T. verurteilte es unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von 7 Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Rostock vom 25.03.2003 ebenfalls zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und stellte fest, dass auch seine Schuld besonders schwer wiege. Beide Angeklagte legten Revision gegen dieses Urteil ein. Mit Beschluss vom 16.02.2005 verwarf der Bundesgerichtshof die Revision des damaligen Mitangeklagten H.. Hinsichtlich des damaligen Angeklagten T. hob er das Urteil nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen auf, soweit eine Verurteilung wegen Mordes erfolgt ist und auch den Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Am 22.08.2007 fand eine Besprechung zwischen den Berufsrichtern des nunmehr zuständig gewordenen Schwurgerichts II, dem zuständigen Vertreter der Staatsanwaltschaft und den beiden Verteidigern statt. Der Vorsitzende gab eine vorläufige Bewertung der Beweislage ab und nannte im Falle einer geständigen Einlassung als Strafobergrenze eine Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren. Die neuerliche Hauptverhandlung wurde am 01. Und 02. Juli 2009 durchgeführt. Der damalige Angeklagte gab über seine Verteidiger eine geständige Einlassung ab und wurde am 2. Verhandlungstag wegen Beihilfe zum Mord unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von 7 Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Rostock vom 25.03.2003 und der Freiheitsstrafe von 10 Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Bremen vom 23. März 2004 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Das Urteil wurde noch am selben Tage rechtskräftig. Der Aktenbestand erstreckte sich zuletzt auf 10 Bände Hauptakten, 13 Stehordner sowie 4 weitere Aktenbände.

Mit Schreiben vom 28. September 2012 beantragte Rechtsanwalt Dr. h.c. S.die Bewilligung einer Pauschgebühr gem. § 99 BRAGO. Zur Begründung seines Antrages verwies er auf das Vorbringen des Mitverteidigers Dr. T. im Rahmen dessen entsprechenden Antrages und bat von den Grundsätzen der Entscheidung des Senates in jenem Verfahren auszugehen. Eine weitere Begründung gab er nicht ab, auch nicht auf einen entsprechenden Hinweis des Senates. Der Vorsitzende des Schwurgerichts II befürwortete die Gewährung einer Pauschgebühr und hob die gute Mitwirkung des...

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