Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlasspfleger

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage der Wahrung des Persönlichkeitsschutzes, wenn professionellen Erbenermittlern unter Umgehung des staatlicherseits bestellten Nachlasspflegers Einsichtnahme in Personenstandsurkunden gewährt wird.

 

Normenkette

PStG § 61 Abs. 1 S. 3; BGB §§ 134, 138, 1793, 1915 Abs. 1, § 1960

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 18.11.1997; Aktenzeichen 2-T-806/97 a)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4) gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 18. November 1997 wird zurückgewiesen. Der Beteiligte zu 4) trägt die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde einschließlich etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beteiligten zu 1).

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller ist ein professioneller Erbenermittler. Mit Schreiben vom 16.11.1996 erhielt er von dem Beteiligten zu 2), den das Amtsgericht Leer durch Bestallungsurkunde vom 19.7.1996 zum Nachlaßpfleger für den Nachlaß der unbekannten Erben der am 11.7.1996 verstorbenen … mit dem Wirkungskreis „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und Ermittlung der unbekannten Erben” bestellt hat, den Auftrag, Erben nach der Verstorbenen zu ermitteln. Im Rahmen seiner Ermittlungstätigkeit forderte der Antragsteller mit Schreiben vom 24.2.1997 bei dem Beteiligten zu 3) Personenstandsurkunden an. Der Beteiligte zu 3) verweigerte dem Antragsteller die Ausstellung von Urkunden und führte aus, daß für den Antragsteller ein rechtliches Interesse im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 3 PStG nicht erkennbar sei, da die Bevollmächtigung durch einen Nachlaßpfleger nicht zulässig sei.

Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, daß er als Bevollmächtigter des Beteiligten zu 2) von dem Beteiligten zu 3) die Übersendung der angeforderten Urkunden verlangen könne. Er hat im Schriftsatz vom 18.3.1997 gem. § 45 Abs. 1 PStG beim Amtsgericht Bremen beantragt,

das Standesamt Bremen-Mitte zu verurteilen, ihm die in der Nachlaßsache … angeforderten Urkunden zu übersenden.

Nachdem der Beteiligte zu 4) sich der Ansicht des Beteiligten zu 3) angeschlossen hatte, hat das Amtsgericht Bremen durch Beschluß vom 16.9.1997 die Rechtsauffassung der Beteiligten zu 3) und 4) bestätigt und den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Nachlaßpfleger, der ein rechtliches Interesse im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 3 PStG an der Erteilung von Personenstandsurkunden habe, habe sich bei der ihm von dem Nachlaßgericht übertragenen Tätigkeit zwar auch Hilfspersonen wie hauptberuflicher Erbenermittler bedienen können, werde dabei aber nicht von den grundsätzlich ihm übertragenen Verpflichtungen frei. Daher könne er, soweit er den Erhalt von Urkunden aufgrund von Informationen des beauftragten Erbenermittlers für notwendig halte, diese vom Standesamt anfordern und selbst überprüfen. Falls er eine Weitergabe der Urkunden an den Erbenermittler, der selbst keinen Anspruch auf Erteilung von Personenstandsurkunden habe, da er seine Tätigkeit im eigenen wirtschaftlichen Interesse entfalte, für erforderlich halte, stehe es ihm frei, sie unter Wahrung des Persönlichkeitsschutzes des Betroffenen an diesen weiterzuleiten. § 61 Abs. 1 PStG müsse eng ausgelegt werden. Aus Gründen des Datenschutzes und zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte sei der Kreis der Personen, die Mitteilungen über persönliche Daten erhalten dürften, möglichst klein zu halten. Dies sei nicht mehr gewährleistet, wenn Erbenermittlern unter Umgehung des staatlicherseits bestellten Nachlaßpflegers Einsichtnahme in Personenstandsurkunden gewährt werde.

Gegen den Beschluß hat sich der Antragsteller mit der Beschwerde vom 14.10.1997 gewandt. Er hat geltend gemacht, der zum Erhalt von Urkunden berechtigte Nachlaßpfleger sei entgegen der Ansicht des Amtsgerichts zur Beauftragung Dritter mit der Erbenermittlung berechtigt; aus der wirksam erteilten Bevollmächtigung leite er – der Antragsteller – das Recht auf Erteilung der begehrten Urkunden ab.

Durch Beschluß vom 18.11.1997 hat das Landgericht der Beschwerde stattgegeben und das Standesamt verurteilt, dem Antragsteller die angeforderten Urkunden zu übersenden. Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe zwar kein eigenes rechtliches Interesse im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 3 PStG an der Erteilung der begehrten Urkunden, könne die Erteilung aber aufgrund der Bevollmächtigung durch den Beklagten zu 2) verlangen. Die Bevollmächtigung sei gemäß den §§ 164 ff. BGB wirksam und erstrecke sich auf die Ermächtigung, im Namen des Beteiligten zu 2) als Nachlaßpfleger oder im eigenen Namen die für die Erbenermittlung notwendigen Urkunden anzufordern. Die Vertretung bei der Einsichtnahme in Personenstandsbücher sei im PStG nicht besonders geregelt; aus dem Schweigen des Gesetzes lasse sich entnehmen, daß der Gesetzgeber die Einsichtnahme durch einen hierzu Ermächtigten weder als unzulässig angesehen habe noch durch die gesetzliche Regelung habe unterb...

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