Leitsatz (amtlich)

1. Der Architekt haftet dem Bauherrn auf Schadensersatz, wenn er vor Ablauf der Gewährleistungsfristen bei ordnungsgemäßer Erbringung der Objektbegehung erkennbare Mängel nicht entdeckt und nunmehr die Durchsetzung des Gewährleistungsanspruchs gegen den Unternehmer an der Verjährungseinrede des Unternehmers scheitert.

2. Der Bauherr muss beweisen, dass bei pflichtgemäßer Objektbegehung der Mangel erkannt und der Gewährleistungsanspruch gegen den Unternehmer realisiert worden wäre.

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Urteil vom 15.12.2015; Aktenzeichen 1 O 1112/13 (171))

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Braunschweig vom 15.12.2015 - Az. 1 O 1112/13 (171) - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckend baren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf die Wertstufe bis 260.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die klagende Stadt nimmt den Beklagten wegen Pflichtverletzungen im Rahmen eines zwischen den Parteien geschlossenen Architektenvertrages in Anspruch.

Wegen des Sach- und Streitstandes und der Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (LGU Seite 3 bis 4, Bl. 194 f. d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat der Klage überwiegend stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz von Mangelfolgeschäden deshalb zustehe, weil der Beklagte seine Pflichten betreffend die Objektbetreuung und Dokumentation (Leistungsphase 9 des Leistungsbildes Objektplanung - § 15 HOAI a.F.) nicht erfüllt habe. Er habe es unterlassen, kurz vor Ablauf des Leistungszeitraums darauf hinzuweisen, dass er entweder die mangelhafte Ausführung betreffend die Dichtigkeit der Dampfsperre erkannt, aber die Klägerin nicht dahingehend informiert habe, oder aber (wahrscheinlicher) die gutachterlich festgestellten Ausführungsfehler der Dampfsperrarbeiten wegen unzureichender Bauüberwachung nicht erkannt habe. Der Beklagte sei auch verpflichtet gewesen, über eigene Pflichtverletzungen aufzuklären. Zumindest hätte der Beklagte eine Überprüfung des Gewerkes vornehmen müssen, um zu ermitteln, ob seine unzureichende Bauüberwachung zu einem Anspruch der Klägerin geführt habe. Der Beklagte sei auch zur Überwachung der Ausführungsarbeiten betreffend die Dampfsperre verpflichtet gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass bei dem von ihm geplanten luftdichten Warmdachaufbau jede Undichtigkeit dazu führen könne, dass sich Kondenswasser im Dachaufbau bilde, was zu verheerenden Schäden führen könne.

Dem vermuteten Verschulden betreffs des Aufklärungsfehlers sei der Beklagte nicht entgegengetreten.

Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs sei von den erforderlichen Kosten auszugehen, wie sie die Klägerseite vorgetragen habe und wie sie vom Sachverständigen als nachvollziehbar bezeichnet worden seien. Unter Abzug von einigen kleineren Positionen ergebe sich insgesamt daher ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 239.935,57 EUR.

Der Anspruch sei auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist sei noch bis zum 05.06.2013 gelaufen. Hinsichtlich des Verjährungsbeginns sei nicht auf die Übernahme des Objekts abzustellen, weil es sich hier um Pflichtverletzungen nach Übergabe des Objekts gehandelt habe. Die Objektbetreuung (Leistungsphase 9) habe sich erst an den 05.06.2003, den Tag der Übergabe des Gebäudes, angeschlossen. Der Leistungszeitraum betrage 5 Jahre, so dass nach § 11 Abs. 4 des Architektenvertrages die Verjährung erst mit der Erfüllung der letzten Leistung, beim hier vorliegenden Vorwurf der Nichtleistung mithin ab dem Zeitpunkt der letztmaligen Verpflichtung zur möglichen Leistung, also ab dem 05.06.2008, beginne und folglich nicht vor dem 05.06.2013 ende. Die Klage sei aber bereits im Mai 2013 zugestellt worden, so dass die Verjährung rechtzeitig gehemmt worden sei.

Der Beklagte hat gegen dieses ihm 17.12.2015 zugestellte (Bl. 199 d.A.) Urteil mit Schriftsatz vom 14.01.2016, eingegangen beim Oberlandesgericht Braunschweig am selben Tag (Bl. 207 d.A.), Berufung eingelegt und diese mit dem am 15.03.2016 (Bl. 223) eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf seinen am 16.02.2016 eingegangenen Antrag (Bl. 207) bis zum 17.03.2016 verlängert worden war.

Der Beklagte greift unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrages das Urteil in vollem Umfang an und führt aus, dass etwaige Schadensersatzansprüche aufgrund einer behaupteten mangelnden Bauüberwachung jedenfalls verjährt seien. Er bezieht sich dabei auf den Beschluss der Kammer vom 19.12.2014, in dem ausgeführt wird, dass Zweifel bezüglich der Wirksamkeit d...

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