Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertfestsetzung im Zusammenhang mit einem von Facebook gelöschten Beitrag eines Nutzers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Antrag auf Datenberichtigung eines Nutzers betrifft nur einen Teilaspekt des Nutzungs-vertrages. Daher ist dieser Antrag grundsätzlich mit einem Streitwert zu bemessen, der unterhalb des Streitwertes für den Bestand oder die Auflösung des gesamten Nutzungsvertrags liegt. Für jenen kann in der Regel der Auffangstreitwert von 5.000,- EUR herangezogen werden.

2. Betreffen die Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Löschung eines Beitrags und der Sperrung des Nutzerkontos, auf Wiedereinstellung des Beitrags und auf Unterlassung einer erneuten Sperre oder Löschung des Beitrags das gleiche Interesse, sind sie bei der Streitwertfestsetzung zusammenzufassen.

 

Normenkette

GKG § 48 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Göttingen (Beschluss vom 06.12.2019; Aktenzeichen 9 O 9/19)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 06.12.2019 wird zurückgewiesen.

Der Streitwertbeschluss des Landgerichts Göttingen wird von Amts wegen abgeändert und der Streitwert auf 3.970,- EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Löschung seines Kommentars auf der Internet-Plattform der Beklagten sowie die Sperrung seines Nutzerkontos.

Der Kläger unterhielt ein Nutzerkonto bei der Beklagten, einer irischen Tochtergesellschaft des US-amerikanischen Unternehmens "Facebook" mit Sitz in Irland.

Er kommentierte auf der Plattform der Beklagten einen am 28.03.2019 erschienen Artikel mit den Worten "Keine Migranten. Piraten!". Dieser Beitrag wurde von der Beklagten am 29.03.2019 entfernt und das klägerische Nutzerkonto in einen sogenannten "read only"-Modus versetzt, so dass der Kläger keine eigenen Beiträge mehr verfassen konnte. Am 16.04.2019 hob die Beklagte die Maßnahmen wieder auf; der Beitrag wurde wieder sichtbar gemacht.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Löschung des Beitrags und die Sperrung seines Nutzerkontos zu Unrecht erfolgt seien und er dadurch rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei.

Er hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Daten des Klägers dahingehend zu berichtigen, dass das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen durch den am 20.03.2019 gelöschten Beitrag aus dem Datensatz gelöscht wird und der Zähler, der die Zahl der Verstöße erfasst, um einen Verstoß zurückgesetzt wird;

2. festzustellen, dass der Beklagten kein Recht zustand, den unter Ziff. 3 genannten, am 29.03.2019 gelöschten Beitrag des Klägers auf der Plattform www.facebook.com zu entfernen und gegen den Kläger wegen dieses Beitrags eine Sperre in Form einer Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten der Plattform, vorgenommen am 29.03.2019, zu verhängen;

3. der Beklagten aufzugeben, den am 29.03.2019 gelöschten Beitrag des Klägers wieder freizuschalten: "Keine Migranten. Piraten!";

4. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, den Kläger für das Einstellen des in Ziff. 3 genannten Textes auf www.facebook.com erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen, wenn sich dieser auf einen Artikel mit dem Titel "Migranten kapern Handelsschiff - Maltas Marine greift ein" bezieht und für den Fall der Zuwiderhandlung der Beklagten ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,- EUR oder Ordnungshaft anzudrohen, die Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen;

5. die Beklagte zu verurteilten, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob die Sperre gem. Ziff. 2 durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgt, und in letzterem Fall durch welches;

6. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob sie konkrete oder abstrakte Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneten Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern erhalten hat, und ggf. welche;

7. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 1.050,- EUR zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.03.2019 zu zahlen;

8. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von Rechtsanwaltskosten

a. für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 691,33 EUR und

b. für die Einholung einer Deckungszusage für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 201,71 EUR und

c. für die Einholung einer Deckungszusage für die Klage in Höhe von 729,23 EUR

durch Zahlung an seine Prozessbevollmächtigten freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat den Streitwert mit Beschluss vom 06.12.2019 ohne weitere Begründung für den Antrag zu Ziff. 1 mit 1000,- EUR, die Anträge zu Ziff. 2 und 4 mit je 1.500 EUR, den Antrag zu Ziff. 3 mit 500,- EUR, die Anträge zu Ziff. 5 und 6 auf je 200 EUR, den Antrag zu Ziff. 7 auf 1.050 EUR und den Antrag zu Ziff. 8 als Nebenforderung mit 0 EUR, damit insgesamt a...

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