Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbleibensanordnung für Kinder in Pflegefamilie. Zulässigkeit des Antrages im Sorgerechtsregelungsverfahren. Kosten- und Auslagenentscheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Antrag auf Verbleibensanordnung in der Pflegefamilie ist weder mutwillig noch von vornherein aussichtslos, wenn der Amtsvormund ohne konkrete Absprache mit der Pflegeperson die Umgangskontakte der Kindesmutter ausgeweitet hat und nicht auszuschließen ist, dass dem Antrag der Kindesmutter auf Zuweisung der elterlichen Sorge entsprochen wird.

2. Im Verfahren auf Verbleibensanordnung trägt grundsätzlich jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst. Dies gilt auch bei Antragsrücknahme.

 

Normenkette

BGB § 1632 Abs. 4; KostO § 94 Abs. 3 S. 2; FGG § 13a Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Braunschweig (Beschluss vom 25.05.2007; Aktenzeichen 247 F 297/06)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Braunschweig vom 25.5.2007 wie folgt abgeändert:

Von der Erhebung gerichtlicher Kosten wird abgesehen.

Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, außergerichtliche Auslagen des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

3. Der Beschwerde richtet sich nach der Wertstufe bis 600 EUR.

 

Gründe

Auf die gem. §§ 20a Abs. 2, 21, 22 FGG zulässige sofortige Beschwerde ist der Beschluss des AG Braunschweig vom 25.5.2007 abzuändern.

Bei der nach billigem Ermessen zu treffenden Kosten- und Auslagenentscheidung gem. §§ 94 Abs. 3 Satz 2 Kostenordnung, 13a Abs. 1 FGG ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat. Die Auferlegung solcher Kosten bedarf daher einer besonderen Rechtfertigung (vgl. OLG Köln OLGReport Köln 2007, 129 f.; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1356 f.). Bei der Ermessensentscheidung sind insbesondere von Bedeutung der Ausgang des Verfahrens, die wirtschaftlichen Verhältnisse und das Verhalten der Beteiligten im Prozess (vgl. OLG Brandenburg aao.); eine Abweichung von der Regelkostenentscheidung setzt voraus, dass der Antragsteller die Aussichtslosigkeit des Verfahrens von vornherein erkannt hat oder das Verfahren durch ein schuldhaftes Verhalten veranlasst worden ist (vgl. OLG Sachsen-Anhalt FamRZ 2005, 2077). Auch eine Antragsrücknahme zieht nicht notwendig die Kostentragungspflicht nach sich (OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 2077.). Sowohl bei der Auferlegung gerichtlicher Kosten als auch bei der Auferlegung außergerichtlicher Kosten nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG ist in Familienstreitigkeiten Zurückhaltung geboten (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2005, 2078).

Im vorliegenden Fall hatte die Antragstellerin ihren Antrag auf Verbleib der beiden Kinder in der Pflegefamilie im Zusammenhang mit einem laufenden Verfahren auf Abänderung der elterlichen Sorge gestellt. Aufgrund des Verhaltens des Amtsvormundes, der - offenbar ohne konkrete Absprache mit der Antragstellerin - Umgangskontakte ausgeweitet hat, konnte die Antragstellerin durchaus davon ausgehen, dass möglicherweise der Antrag der Kindesmutter Erfolg haben könnte. Noch mit Schriftsatz vom 12.1.2007 hat die Vertreterin der Kindesmutter mitgeteilt, dass diese nach wie vor die Rückführung Ds in ihren Haushalt anstrebt. Das Jugendamt als Amtsvormund hatte noch mit Bericht vom 1.11.2006 erklärt "der Verbleib der Kinder soll im Rahmen des Verfahrens geklärt werden, weshalb der Antrag der Mutter auch vom Fachbereich Kinder, Jugend und Familie unterstütz wird". Weder der Bericht des Amtsvormunds vom 13.4.2007 noch der weitere Bericht vom 9.5.2007 nimmt klar Stellung, inwieweit eine Herausnahme der Kinder geplant ist oder nicht.

Eine besondere Rechtfertigung, die die Auferlegung der gesamten Kosten an die Antragsteller mit sich bringt, ist daher nicht gegeben. Der Antrag auf Verbleibensanordnung war weder mutwillig noch von vornherein aussichtslos.

Hinsichtlich der Gerichtskosten war von der Erhebung der Kosten abzusehen, § 94 Abs. 3 Satz 2 Kostenordnung. Da eine Entscheidung gem. § 1632 Abs. 4 BGB nicht ergangen ist, ist auch keine Gerichtsgebühr angefallen. Da es sich um eine bedenksame Frage des Sorgerechts und Verbleibes der Kinder handelt und davon auszugehen ist, dass die Antragsteller in erster Linie im Interesse der Kinder gehandelt haben, entspricht es auch der Billigkeit, von der Erhebung der sonstigen gerichtlichen Kosten abzusehen.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 131 Abs. 1 Kostenordnung, 13a Abs. 1 FGG.

Die Wertfestsetzung bemisst sich gem. § 30 Abs. 2 Kostenordnung nach dem Wert der entstandenen Kosten und Auslagen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2100945

FamRZ 2009, 60

OLGR-Nord 2009, 200

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