Normenkette

BGB §§ 459, 463 a.F.

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Aktenzeichen 12 O 694/01)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG Coburg vom 16.1.2002 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 5.500 EUR abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Das Urteil beschwert den Kläger mit 29.910,58 EUR.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags über einen BMW 520i Limousine. Die Vertragsurkunde vom 17.7.2001, eine Standardbestellung eines neuen BMW-Kraftfahrzeuges, weist einen Hauspreis von 58.000 DM aus. Bei den Vertragsverhandlungen war der Kläger darauf hingewiesen worden, dass zwischen Herstellung des PKW und Verkauf ein Modellwechsel stattgefunden hatte. Als der Kläger das Fahrzeug im September 2001 zulassen wollte, wurde ihm im Hinblick auf das Ausstellungsdatum des Kfz-Briefes (24.1.2000) zur Auflage gemacht, zuvor eine TÜV-Hauptuntersuchung, eine Abgassonderuntersuchung und eine Umschreibung auf die neuen europäischen Abgasnormen durchführen zu lassen.

Der Kläger meint, dem verkauften PKW fehle die zugesicherte Eigenschaft eines Neuwagens. Er begehrt im Wege des großen Schadensersatzes Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Kfz und Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten mit der Rücknahme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Ersturteils (Bl. 28 ff. d.A.) und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 n.F. ZPO).

Das LG Coburg hat nach Einvernahme des Zeugen die Klage abgewiesen. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils (Bl. 31 ff. d.A.) verwiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger den erstinstanzlichen Antrag mit gleicher Argumentation weiter. Das LG habe verfahrensfehlerhaft die Zeugin … nicht einvernommen.

Die Beklagte verteidigt das Ersturteil mit dessen Argumentationsführung und unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II. Die Berufung ist zulässig (§ 511 ff. n.F. ZPO), in der Sache jedoch unbegründet. Der Senat nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen vollinhaltlich auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 n.F. ZPO).

Lediglich zu zwei Berufungsangriffen des Klägers sind nachfolgende ergänzende Bemerkungen veranlasst:

1. Dem streitgegenständlichen Fahrzeug fehlt weder eine zugesicherte Eigenschaft (§§ 463, 459 Abs. 2 a.F. BGB), noch ist es mit einem nicht unerheblichen Mangel behaftet (§ 459 Abs. 1 S. 2 a.F. BGB).

a) Auch wenn der Kaufvertrag unter Verwendung eines vorgefertigten Formulars über die Bestellung eines BMW-Neufahrzeuges erfolgte, ist gleichwohl wegen der Besonderheiten des Sachverhaltes die gefestigte Rechtsprechung über den Begriff der „Fabrikneuheit” als zugesicherte Eigenschaft (vgl. etwa BGH v. 20.3.2000 – VIII ZR 325/98, MDR 2000, 828 = NJW 2000, 2018; v. 6.2.1980 – VIII ZR 275/78, MDR 1980, 484 = NJW 1980, 1097 [2127]) nicht einschlägig.

In der Rechtsprechung sind Fallgestaltungen anerkannt, bei denen die Verwendung des Begriffs „neu” oder „Neuwagen” unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles nicht als Zusicherung der Eigenschaft als „fabrikneu” zu werten ist (vgl. BGH v. 20.3.2000 – VIII ZR 325/98, MDR 2000, 828 = NJW 2000, 2018; v. 26.3.1997 – VIII ZR 115/96, MDR 1997, 733 = NJW 1997, 1847; OLG Schleswig v. 21.7.1999 – 9 U 101/98, OLGReport Schleswig 1999, 412; OLG Zweibrücken v. 5.5.1998 – 5 U 28/97, OLGReport Zweibrücken 1998, 400 = NJW-RR 1998, 1211; OLG Naumburg, Verk.Mitt. 1994 Nr. 40).

So liegt der Fall hier: Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger bei den Verkaufsverhandlungen im Juli 2001 auf den stattgefundenen Modellwechsel (mit geänderter PS-Stärke des Motors und face lifting im Frontbereich) hingewiesen wurde. Ihm wurde ein sog. „Hauspreis” mit einem Nachlass auf den Listenpreis von über 20 % eingeräumt.

Die Einvernahme des Zeugen …, an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln der Senat ebenso wenig Anlass hat wie das Erstgericht, hat zudem ergeben, dass der Zeuge dem Kläger auch den Modellwechsel im September 2000 mitgeteilt hat. Der Kläger wusste somit, dass er keinen „fabrikneuen” Wagen im Sinne der o. zitierten Rechtsprechung erwarb, sondern einen neuen, d.h. aus Neuteilen hergestellten und noch nicht genutzten Pkw. Diese Auslegung des Begriffs „Neuwagen” im Kaufvertragsformular (§§ 133, 157 BGB) folgt aus den besonderen Umständen des hier zu entscheidenden Einzelfalles. Dem Fahrzeug fehlt auch nicht deswegen die Neuwageneigenschaft, weil es bei Abschluss des Kaufvertrages schon knapp 18 Monate alt war. Der erkennende Senat schließt sich der insoweit herrschenden Meinung in der Rechtsprechung an, wonach ein Lagerfahrzeug auch nach...

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