Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkauf eines "Neufahrzeugs" aus nicht aktueller Modellreihe

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem als "Neufahrzeug" verkauften Fahrzeug, das, wie dem Käufer bekannt ist, nicht aus der aktuellen Modellreihe stammt und mit einem erheblichen Preisnachlass verkauft wird (hier 37,5 %), gilt nicht ohne weiteres die Eigenschaft "fabrikneu" als vereinbart i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Allein aufgrund der Bezeichnung als "Neufahrzeug" kann der Käufer nicht erwarten, dass, wenn nicht das Merkmal der Modellaktualität, so doch wenigstens in allen anderen Belangen die Kriterien eines "fabrikneuen" Fahrzeuges erfüllt sind, insb. das Fahrzeug keine längere als 12-monatige Standzeit aufweist.

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 18.11.2003; Aktenzeichen 8 O 300/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 18.11.2003 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Aachen - 8 O 300/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrages wegen angeblicher Mängel des Fahrzeuges aufgrund vermeintlich überlanger Standzeit bzw. Aufklärungspflichtverletzung.

Der Kläger kaufte von der Beklagten gem. schriftlicher Bestellung vom 21.2.2003 - unter Erzielung eines Rabatts von 37,5 % ggü. dem Neupreis - ein Fahrzeug der Marke Mercedes Benz E 280 zum Preis von 34.500 Euro. Das im Januar 2001 produzierte Fahrzeug entstammte einer Modellreihe, die - was dem Kläger bekannt war - seit spätestens März 2002 nicht mehr hergestellt wurde. Das Fahrzeug, das in den Ausstellungsräumen der Beklagten stand, wies einen Kilometerstand von ca. 100 km auf und wurde am 25.2.2003 erstmals für die Beklagte zum Verkehr zugelassen. In dem Bestellformular wurde das Fahrzeug als Geschäftswagen bezeichnet und Bezug genommen auf die "Neufahrzeug-Verkaufsbedingungen" mit Modifizierungen bezüglich des Laufes der Verjährungsfrist und der Gewährleistung. Im Rahmen der Verkaufsverhandlungen wurde zwischen den Parteien nicht über das Baujahr bzw. Herstellungsdatum des Fahrzeuges gesprochen.

Nachdem der Kläger nach Übergabe des Fahrzeuges einige Mängel feststellte und von dem Alter des Fahrzeuges erfuhr, erklärte er mit Schreiben vom 31.3.2003 den Rücktritt von dem Kaufvertrag und forderte die Beklagte - erfolglos - unter Fristsetzung bis zum 10.4.2003 auf, den entrichteten Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges zu erstatten.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Rückabwicklungsbegehren weiter.

Er hat behauptet, die Beklagte habe ihm das Fahrzeug als Neufahrzeug verkauft. Demgemäss habe er erwarten können, dass er kein "Haldenfahrzeug" erwerbe, sondern ein Fahrzeug, das nicht älter als 12 Monate gewesen sei.

Das LG hat die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der Umstand, dass das Fahrzeug bereits im Januar 2001 produziert worden sei, keinen zum Rücktritt berechtigenden Mangel des Fahrzeuges darstelle. Die Parteien hätten weder ausdrücklich noch konkludent eine Vereinbarung über die Standzeit des Fahrzeuges getroffen und auch unter Zugrundelegung des objektivierten Fehlerbegriffes des § 434 Abs. 1 S. 2 BGB weise das Fahrzeug in Hinblick auf die Standzeit keinen Mangel auf. Darüber hinaus habe keine Verpflichtung der Beklagten bestanden, das Baujahr des Wagens ungefragt mitzuteilen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen des LG wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 57-63 GA) Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das Urteil frist- und formgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel, mit dem er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter verfolgt, ordnungsgemäß begründet.

Der Kläger meint, das LG habe den Sachverhalt weder zutreffend gewürdigt noch rechtlich ausgeschöpft. Unzutreffend habe das LG die Eigenschaft der "Fabrikneuheit" eines Pkws als Begriffseinheit angesehen, die sich zusammensetze aus Modellaktualität, Beschädigungsfreiheit und dem Fehlen von Lagermängel. Das LG habe insoweit verkannt, dass jedes einzelne Element - je nach Vertragsvereinbarung - ein selbständiges Kriterium sein könne, das zu beachten sei, auch wenn die anderen nicht erfüllt seien. Eine überlange Standzeit, mit der ein Käufer nicht rechnen müsse, könne daher ein Mangel im Sinne einer nicht vertragsgemäßen Beschaffenheit sein. Der Kläger, der ein nicht modellaktuelles Fahrzeug gekauft habe, habe deshalb - ungeachtet der Tageszulassung, der geringen Laufleistung von ca. 100 km und des Umstandes, dass das Fahrzeug in der Bestellung als Geschäftswagen deklariert worden sei - nicht automatisch ein "Haldenfahrzeug" akzeptiert. Von einem and...

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