Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz, Berichterstattung, Fahrzeug, Berufung, Marke, Halter, Software, Rechtsanwaltskosten, Annahmeverzug, Berechnung, Nutzungsersatz, Kenntnis, Betroffenheit, Zinsen, Zug um Zug, kein Anspruch

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Urteil vom 23.09.2022; Aktenzeichen 44 O 125/22)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 23.09.2022, Az. 44 O 125/22, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger begehrt von der Beklagten deliktischen Schadensersatz im Zusammenhang mit dem sogenannten Dieselskandal.

Der Kläger kaufte am 29.11.2016 von der Firma R. und A. OHG in W. ein gebrauchtes Fahrzeug vom Typ Audi Q7 3.0 TDI V6, Abgasnorm Euro 6 mit einem Motor vom Typ EA 897 zum Preis von 32.700,00 EUR. Das Fahrzeug wurde erstmals am 16.05.2012 zugelassen und wies beim Kauf eine Gesamtlaufleistung von 63.800 km auf. Die Beklagte ist Herstellerin des Fahrzeuges und des darin verbauten Dieselmotors.

Für das vorliegende Fahrzeug existiert ein verbindlicher Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt (Anlage BKl des Klägers) wegen der Verwendung von sogenannten "Strategien A und B" (Aufheizstrategie und Vorkonditionierung), die nahezu ausschließlich auf dem Prüfstand aktiviert werden und die Abgasbehandlung im Realbetrieb nachteilig beeinflussen.

Der Kläger begehrt Schadensersatz in Höhe von insgesamt 20.608,96 EUR zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung seines Fahrzeuges, sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.295,43 EUR.

Zur Begründung führt der Kläger aus, dass in seinem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Abgasbehandlung verbaut wurde. Aufgrund der Manipulationen fühle er sich getäuscht.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 23.09.2022 die Beklagte verurteilt, an die Klagepartei 17.361,74 EUR zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des klägerischen - Fahrzeuges zu bezahlen und festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet. Die Beklagte wurde weiter verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.295,43 EUR gegenüber ihren Rechtsanwälten freizustellen. Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gemäß S. 826 BGB angenommen. Aufgrund der in der Motorsteuerung eingebauten Abschalteinrichtung habe der Kläger einen wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen. Er habe ein Fahrzeug erworben, für das die Gefahr einer Stilllegung bestanden habe. Das Verhalten der Beklagten sei als sittenwidrig zu qualifizieren und sie habe vorsätzlich gehandelt. Der Anspruch des Klägers sei nicht verjährt, weil in der Gesamtschau aller vorgetragenen Faktoren und Umstände nicht von einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs auszugehen sei. Eine positive Kenntnis habe nicht vorgelegen.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, S. 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts seien Schadenersatzansprüche verjährt. Seit 2017 sei die Dieselthematik auch hinsichtlich des vorliegenden Fahrzeuges Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Es habe eine Pressemitteilung der Beklagten vom 21.07.2017 und eine Pressemitteilung des Kraftfahrtbundesamts vom 23.01.2018 über einen Rückruf des Fahrzeugtyps gegeben. Zudem habe die Möglichkeit der Abfrage von der Betroffenheit des konkreten Fahrzeuges auf der Internetseite der Beklagten bestanden.

Die Beklagte beantragt,

In Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Bamberg vom 23. September 2022, Az. 44 O 125/22, wird die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten vom 24.10.2022 gegen das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 23.09.2022, Az.: 44 O 125/22 zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Ersturteil. Das Landgericht habe zu Recht die grob fahrlässige Unkenntnis im Jahr 2017 und 2018 abgelehnt. Eine Information der Halter über das Update sei erst im Jahr 2019 oder 2020 erfolgt. Aus der Pressemitteilung der Beklagten sei nicht erkennbar gewesen, dass ein verpflichtender Rückruf für das Fahrzeug des Klägers ergangen sei. Aus der Medienberichterstattung habe nicht auf die konkrete Betroffenheit geschlossen werden können.

Der Kläger ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge