Leitsatz (amtlich)

Der Hauptbevollmächtigte kann im Kostenfestsetzungsverfahren auch dann eine eigene Terminsgebühr abrechnen, wenn der Verhandlungstermin von einem Unter- oder Terminsbevollmächtigten wahrgenommen wurde und diesbezüglich keine Mehrkosten geltend gemacht werden. Der Vorlage einer Kostenrechnung des Unterbevollmächtigten bedarf es nicht.

 

Normenkette

RVG § 5; VV RVG Nr. 3104

 

Verfahrensgang

LG Würzburg (Beschluss vom 06.05.2022; Aktenzeichen 21 O 2/20 Ver)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 06.05.2022, Az. 21 O 2/20 Ver, wie folgt abgeändert:

Die von der Klagepartei an die Beklagtenpartei gem. § 104 ZPO nach dem rechtskräftigen Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 06.10.2021 zu erstattenden Kosten werden auf 4.924,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit dem 07.10.2021 festgesetzt.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 993,89 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Im zugrunde liegenden Rechtsstreit machte der Kläger gegen die Beklagte und Beschwerdeführerin (im Folgenden: die Beklagte) Ansprüche aus einer Krankentagegeldversicherung geltend. In den Terminen vom 24.06.2020 und vom 22.09.2021 ließen sich die Beklagtenvertreter jeweils durch von ihnen bevollmächtigte Rechtsanwälte vertreten. Das Landgericht Würzburg hat die Klage mit Endurteil vom 06.10.2021 abgewiesen. Das Endurteil ist mittlerweile rechtskräftig, nachdem der Kläger seine hiergegen gerichtete Berufung nach Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 24.01.2022 zurückgenommen hat.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Beklagte mit Antrag vom 07.10.2021 Anwaltskosten in Höhe von 2.070,60 EUR brutto geltend gemacht, wobei im Antrag eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG enthalten war (vgl. Bl. 167 d.A.).

Mit Verfügung vom 04.04.2022 forderte der Rechtspfleger bei dem Landgericht Würzburg die Beklagte zur Vorlage der Kostenrechnung der Unterbevollmächtigten auf, da nur tatsächlich entstandene Kosten auch vom Gegner verlangt werden könnten (vgl. Bl. 228 d.A.).

Hierauf teilten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schriftsatz vom 02.05.2022 mit, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten um die bei den Hauptbevollmächtigten entstandenen Gebühren handele und zusätzliche Kosten für den Unterbevollmächtigten gar nicht geltend gemacht würden (vgl. Bl. 230 d.A.).

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.05.2022 setzte der Rechtspfleger bei dem Landgericht Würzburg die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf lediglich 3.930,19 EUR fest. Die beantragte Terminsgebühr könne mangels Vorlage einer Kostennote der Unterbevollmächtigten nicht verlangt werden. Eine solche sei auch deshalb vorzulegen, da nur tatsächlich entstandene Kosten erstattungsfähig seien. Die Entscheidung stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 13.07.2011, Az. IV ZB 8/11 (vgl. Bl. 232 f. d.A.).

Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 17.05.2022 zugestellten Beschluss legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 31.05.2022, beim Landgericht Würzburg eingegangen am selben Tag, sofortige Beschwerde ein. Der Termin am 22.09.2021 sei lediglich durch einen Terminsvertreter wahrgenommen worden. Ausschließlich die Kanzlei xxx sei jedoch prozessbevollmächtigt gewesen. Eine zusätzliche Pauschale nach Nr. 3401 VV RVG sei hier nicht entstanden und werde auch nicht geltend gemacht (vgl. Bl. 238 f. d.A.).

Der Rechtspfleger des Landgerichts Würzburg hat der sofortigen Beschwerde der Beklagten mit Beschluss vom 04.07.2022 nicht abgeholfen und die Akte dem Oberlandesgericht Bamberg zur Entscheidung vorgelegt. Die Beklagtenvertreter hätten den Termin selbst nicht wahrgenommen.

weshalb auf deren Seite eine Termingebühr nicht angefallen sei. Für den Unterbevollmächtigten sei hingegen keine Terminsgebühr geltend gemacht worden. Diese Rechtsansicht sei bereits vom Oberlandesgericht Bamberg mit Beschlüssen vom 17.03.2022, Az. 8 W 1/22, und vom 19.10.2021, Az. 4 W 61/21, bestätigt worden (vgl. Bl. 242 f. d.A.).

Eine Stellungnahme des Klägers im Beschwerdeverfahren ist nicht erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss vom 06.05.2022 sowie den Beschluss des Landgerichts vom 04.07.2022 und die Schriftsätze der Beklagten, insbesondere vom 02.05.2022 und 31.05.2022, Bezug genommen.

II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses in Höhe der bislang nicht festgesetzten 1,2-fachen Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG.

Die Terminsgebühr ist im vorliegenden Fall durch die Tätigkeit der Terminsvertreter als Erfüllungsgehilfen der Prozessbevollmächtigten gemäß § 5 RVG angefallen und nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO in voller Höhe erstattungsfähig. Auf die Höhe der zwischen den Rechtsanwälten vereinbarten Ve...

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