Leitsatz (amtlich)

Eine Vaterschaftsanerkennung ist nicht mehr möglich, wenn die Kindsmutter vor Erteilung der Zustimmung zur Anerkennung verstirbt.

 

Normenkette

BGB § 1592 Nr. 2, § 1595 Abs. 1; PStG § 27 Abs. 1 S. 1, § 49 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Schweinfurt (Beschluss vom 01.12.2022; Aktenzeichen 05 UR III 14/22)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 30.08.2023; Aktenzeichen XII ZB 48/23)

 

Tenor

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 01.12.2022, Az. 05 UR III 14/22, wird im Tenor dahingehend berichtigt, dass hinter den Worten "Standesamt B." der Zusatz "-VGem" entfällt.

2. Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 01.12.2022, Az. 05 UR III 14/22, wird als unbegründet zurückgewiesen.

3. Die Betroffene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Betroffene begehrt die Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung in ihrem Geburtsregistereintrag.

Die Betroffene ist am xx.xx.1963 geboren. Zum Zeitpunkt der Geburt war ihre Mutter verwitwet. In der Geburtsurkunde wurde kein Vater eingetragen (Bl. 6 d. A.). Die Mutter der Betroffenen ist am xx.xx.2004 verstorben.

Mit Urkunde des Notars Dr. M., ..., vom 08.10.2021, Urk.R.Nr. xxx5/2021/N, hat Herr Dr. H. die Vaterschaft anerkannt (Bl. 12 ff. d. A.). Mit Urkunde des Notars Dr. M., ..., vom 12.11.2021, Urk.R.Nr. xxx3/2021/N, hat die Betroffene in die Vaterschaftsanerkennung eingewilligt (Bl. 8 ff. d. A.). Der die Vaterschaft anerkennende Herr Dr. H. ist am xx.xx.2022 verstorben.

Das Standesamt B. hat im Hinblick auf die Regelung in § 1595 Abs. 1 BGB Zweifel an der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung geäußert und die Sache gemäß § 49 Abs. 2 PStG dem Amtsgericht Schweinfurt vorgelegt.

Mit Beschluss vom 01.12.2022 (Bl. 38 f. d. A.) hat das Amtsgericht Schweinfurt angeordnet, dass in dem Geburtenbuch/-registereintrag beim Standesamt B.-VGem Nr. xxx vom xx.xx.1963 die Vaterschaftsanerkennung nicht beizuschreiben ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Zustimmungserfordernis des § 1595 Abs. 1 BGB auch über den Tod der Mutter hinaus Geltung besitze. Wegen der Einzelheiten wird auf den amtsgerichtlichen Beschluss Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Betroffenen vom 14.12.2022 (Bl. 44 d. A.), der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

II. Der angefochtene Beschluss war zunächst im Tenor dahingehend zu berichtigen, dass Verfahrensgegenstand ein Geburtenregistereintrag beim Standesamt der Stadt B. ist, wie sich aus der bei Verfahrenseinleitung vorgelegten Ablichtung (Bl. 6 d. A.) ergibt, nicht beim Standesamt der Verwaltungsgemeinschaft B. ("B.-VGem"). Hierauf hatte das Landratsamt K. mit Schriftsatz vom 06.12.2022 (Bl. 40 d. A.) hingewiesen. Es handelt sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 FamFG. Nachdem der Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 08.12.2022 (Bl. 41 f. d. A.) diesen Punkt nicht aufgegriffen hat, hat der Senat in eigener Zuständigkeit (vgl. dazu Ulrici in MünchKomm FamFG, 3. Auflage 2018, § 42 Rn. 7, mit Nachweisen) die Berichtigung vorgenommen.

III. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 Abs. 1 FamFG, 51 Abs. 1 PStG statthaft und auch im Übrigen - trotz fehlender Begründung (vgl. § 65 Abs. 1 FamFG) - zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 63 f. FamFG). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung im Rahmen des Verfahrens nach § 49 Abs. 2 PStG die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung beim Geburtseintrag (§ 27 Abs. 1 Satz 1 PStG) abgelehnt. Nach dem Tod der Mutter ist eine Vaterschaftsanerkennung wegen § 1595 Abs. 1 BGB nicht mehr möglich.

1. Die Vorschrift des § 1595 Abs. 1 BGB in der Fassung nach dem Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16.12.1997 ist anwendbar, auch wenn die Betroffene vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (01.07.1998) geboren wurde (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 03.01.2017, Az. 1 W 483/16, Rn. 9, mit Nachweis).

2. Zu der Frage, ob eine Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Mutter mangels deren Zustimmung (§ 1595 Abs. 1 BGB) unmöglich ist und Vater und Kind auf ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren zu verweisen sind, werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansichten vertreten.

a) Nach einer Auffassung kommt nach dem Tod der Kindesmutter eine Vaterschaftsanerkennung nicht mehr in Betracht (so etwa Balzer in BeckOGK BGB, Stand: 01.11.2022, § 1595 Rn. 13, 13.1, mit Nachweisen zum Streitstand; ferner LG Koblenz, Beschluss vom 01.08.2002, Az. 2 T 487/02). Im Gesetzestext fänden sich keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung des Zustimmungserfordernisses. Der Regierungsentwurf zum Kindschaftsrechtsreformgesetz weise ausdrücklich darauf hin, dass beim Tod der Mutter nur das gerichtliche Feststellungsverfahren möglich sei (BT-Drs. 13/4899, S. 54, rechte Spalte, 2. Absatz a. E.). Auch nach dem Zweck der Regelung sei dies sachgerecht. Insbesondere biete die Zustimmung allei...

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