Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweissicherung. Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit

 

Verfahrensgang

LG Bayreuth (Beschluss vom 18.11.1999; Aktenzeichen 32 OH 29/98)

 

Tenor

1. Die sofortigen Beschwerden der Nebenintervenienten gegen den Beschluß des Landgerichts Bayreuth vom 18. November 1999 werden zurückgewiesen.

2. Die Nebenintervenienten haben gesamtverbindlich die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 766.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortigen Beschwerden der Nebenintervenienten sind zulässig (§§ 406 Abs. 5, 569, 577 Abs. 2 ZPO), aber unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts und tritt den Gründen der angefochtenen Entscheidung bei. Das Beschwerdevorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis.

Der Sachverständige hat zur Durchführung des ihm mit Beschluß des Landgerichts vom 23.10.1998 (Bl. 144 ff. d.A.) erteilten Auftrages weder einen Ortstermin abgehalten noch sich mit nur einem Teil der Bevollmächtigten der übrigen Verfahrensbeteiligten getroffen, sondern lediglich an einer von der Stadt Bayreuth am 25.10.1998 anberaumten Besprechung auf deren Wunsch teilgenommen, und zwar nach seiner Stellungnahme vom 9.8.1999 (Bl. 293 f. d.A.) allein zu den Grundwasserverhältnissen und nicht zu den verfahrensgegenständlichen Fragen einer Belastung des Verfüllmaterials mit und … Die Beschwerdeführer haben diese Ausgangssituation nicht bestritten. Demnach konnte der Sachverständige an dieser Besprechung ohne Verletzung seiner gegenüber den Verfahrensbeteiligten bestehenden Neutralitätspflicht und ohne deren Benachrichtigung teilnehmen.

Die Beschwerdeführer können die Teilnahme des Sachverständigen an diesem Termin nicht als Verstoß gegen seine Neutralitätspflicht ansehen, weil an dem genannten Besprechungstermin auch die Antragstellerin sowie die Antragsgegner zu 3) und 4) mit ihren Vertretern teilnahmen, denn deren Teilnahme hatte der Sachverständige auch nach dem Vortrag der Beschwerdeführer nicht veranlaßt.

Er war auch nicht verpflichtet, diese Besprechung nur wegen der Teilnahme der genannten Parteien zu verlassen. Dem Sachverständigen kann auch nicht als Verstoß gegen seine Neutralitätspflicht angelastet werden, bei dieser Besprechung Fragen gestellt und Informationen eingeholt zu haben, soweit dies sich nicht auf die Themen des verfahrensgegenständlichen Beweisbeschlusses vom 23.10.1998 bezogen. Diesbezügliche Fragen des Sachverständigen oder ihm erteilte Informationen haben die Beschwerdeführer jedoch nicht – schon gar nicht substantiiert – vorgetragen. Ihre allgemeine Mutmaßung, bei dieser oder einer angeblichen, nicht näher bezeichneten weiteren Besprechung hätte der Sachverständige zu Themen des Beschlusses vom 23.10.1998 Fragen gestellt oder Informationen eingeholt, reicht angesichts seiner Heranziehung durch die Stadt … zur Frage des Grundwasserstandes nicht aus, um bei verständiger Betrachtung Zweifel der Beschwerdeführer an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Irgendwelche konkrete Handlungen, aus denen sich Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen ergeben könnten, haben die Beschwerdeführer nicht vorgetragen.

Auch aus den vom Sachverständigen vorgenommenen Besichtigungen der Baustelle läßt sich kein Schluß auf seine etwaige Parteilichkeit ziehen. Diesbezügliche konkrete Umstände haben die Beschwerdeführer ebenfalls nicht vorgetragen.

Die sofortige Beschwerden sind deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO haben die Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerde Verfahrens zu tragen.

Die Frage, nach welcher Rechtsgrundlage der Wert des Verfahrens über die Ablehnung eines Sachverständigen zu bemessen sei, ist strittig. Ein Teil der Rechtsprechung und Literatur (Übersicht in der Entscheidung des OLG Koblenz NJW-RR 98, 1222 sowie bei Zöller, ZPO, 20.Aufl., § 3 RdNr. 16, Stichwort: Selbständiges Beweisverfahren) meint, der Streit über die Befangenheit eines Sachverständigen sei nicht vermögensrechtlicher Natur und deshalb der Wert eines Verfahrens hierüber gemäß § 12 Abs. 2 GKG zu bestimmen, weil es bei einem solchen Streit nicht um Geld oder geldwerte Leistungen gehe, sondern um die Einhaltung des Verfahrens von parteiischen Erwägungen eines Sachverständigen. Der Senat schließt sich jedoch der wohl überwiegenden Auffassung an, daß die Rechtsnatur der Hauptsache auch den Streitwert eines solchen Ablehnungsverfahrens bestimmt und dieser deshalb gemäß § 3 ZPO danach zu bemessen ist, wie hoch das Interesse der ablehnenden Partei daran ist, daß speziell nicht dieser Sachverständige ein Gutachten erstattet. Denn die Ablehnung wirkt sich auf die Entscheidung der Hauptsache aus und ihr Gewicht ist deshalb danach und nicht nach dem allgemeinen Interesse an der Freihaltung eines Verfahrens von parteiischen Erwägungen eines Sachverständigen zu bewerten. Letzterer Gesichtspunkt müßte dazu führen, daß Ablehnungsverfahren im wesentlichen stets gleich hoch bewertet werden müßten. Dies aber würde ni...

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