Verfahrensgang

AG Rosenheim (Entscheidung vom 19.01.2011)

 

Tenor

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 19. Januar 2011 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Rosenheim zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Das Hauptzollamt Rosenheim verhängte gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 03.03.2010 wegen Ausübung einer Beschäftigung ohne Arbeitsgenehmigung eine Geldbuße von 280,00 €. Den dagegen eingelegten Einspruch des Betroffenen verwarf das Amtsgericht Rosenheim mit Urteil vom 19.01.2011 nach § 74 Abs. 2 OWiG. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde; er rügt die Verletzung formellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg hat mit Stellungnahme vom 15.04.2011 beantragt,

die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, da die erhobene Formalrüge der fehlerhaften Anwendung der §§ 74 Abs. 2, 73 Abs. 2 OWiG nicht den Formerfordernissen der §§ 344 Abs. 2 Satz 2, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG genüge. Der Rechtfertigungsschrift könne nämlich nicht entnommen werden, dass ein zulässiger Entpflichtungsantrag gestellt worden sei. Es werde zwar mitgeteilt, dass der Verteidiger beantragt habe, den Betroffenen von seiner Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden. Dass dem Verteidiger vom Betroffenen besondere Vertretungsvollmacht erteilt worden und er damit zur Antragstellung legitimiert gewesen sei, ergebe sich jedoch aus der Rechtfertigungsschrift nicht. Die mit der Rechtsbeschwerdebegründung dargelegte Vollmacht vom 18.08.2009 enthalte gerade keine besondere Bevollmächtigung zur Vertretung des Betroffenen in Abwesenheit, sondern lediglich eine allgemeine Verteidigervollmacht. Die Unzulässigkeit der Verfahrensrüge führe bei Fehlen der Sachrüge zur Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat mit der formgerecht erhobenen Verfahrensrüge (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG) rechtsfehlerhafter Anwendung der §§ 74 Abs. 2, 73 Abs. 2 OWiG Erfolg.

1. Soweit seitens der Verteidigung beantragt worden ist, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, ist dies unschädlich. Gemäß § 300 Abs. 1 StPO ist das Rechtsmittel des Betroffenen nämlich als Rechtsbeschwerde auszulegen. Da im Bußgeldbescheid eine Geldbuße in Höhe von 280,00 € angeordnet worden war, ist die Rechtsbeschwerde das nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG statthafte Rechtsmittel.

2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unzulässig, weil der Betroffene eine den gesetzlichen Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG nicht genügende Verfahrensrüge erhoben hätte. In hinreichender Weise hat die Verteidigung in der Rechtsbeschwerdebegründung auch zum Inhalt der vom Betroffenen erteilten Vertretungsvollmacht vorgetragen, wenn ausgeführt wird, die vom Betroffenen erteilte Vollmacht habe wie folgt gelautet (auszugsweise zitiert):

"Der Unterzeichnende erteilt hiermit den Rechtsanwälten

....

D.

....

allgemeine und umfassende Vollmacht, ...

zur Vertretung gegenüber Dritten, Behörden und Gerichten aller Art.

...

Die Vollmacht ... umfasst:

... die Vertretung in Straf-, Verwaltungs- Sozial- Finanz- und Insolvenzverfahren ..."

Somit wird in hinreichender Weise vorgetragen, dass der den Entpflichtungsantrag stellende Verteidiger über eine schriftliche Vertretungsvollmacht verfügte, die, da mit Schriftsatz vom 01.09.2009 zur Akte vorgelegt, dem Gericht auch nachgewiesen war.

3. a) Nach dem durch die Verfahrensakten bewiesenen Vortrag des Rechtsbeschwerdeführers liegt der Rüge der rechtsfehlerhaften Anwendung der §§ 74 Abs. 2, 73 Abs. 2 OWiG im Wesentlichen folgender Verfahrensgang zugrunde:

Der Verteidiger des Betroffenen beantragte mit Schriftsatz vom 11.01.2011, beim Amtsgericht Rosenheim eingegangen am selben Tag, den Betroffenen von seiner Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung vom 19.01.2011 zu entbinden. Zur Begründung führte er u.a. aus, der Betroffene habe sich im Verwaltungsverfahren umfassend eingelassen. Weitere Angaben werde der Betroffene in der Hauptverhandlung zur Sache nicht machen. Die bloße Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung werde zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts nichts beitragen. Bei den Akten befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits die schriftliche Vollmacht des Betroffenen vom 18.08.2009.

Den Entbindungsantrag lehnte das Amtsgericht Rosenheim mit Beschluss vom 12.01.2011 mit folgender Begründung ab:

"Die Anwesenheit des Betroffenen ist zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts erforderlich.

Fragen, die ggf. die Übersetzung seiner im Ermittlungsverfahren getätigten Angaben betreffen könnten entstehen, wozu der Betroffene womöglich Stellung nehmen will.

Darüber hinaus hat das Gericht bereits bei der Ladung darauf hingewiesen, dass eine Verbindung der zur gleichen Uhrzeit angesetzten Termine beabsichtigt ist, weshalb ggf. dessen Verteidiger und V...

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