Entscheidungsstichwort (Thema)

elterliche Sorge

 

Verfahrensgang

AG Haßfurt (Urteil vom 23.06.1998; Aktenzeichen F 230/97)

 

Tenor

1. Auf die (befristete) Beschwerde des Antragstellers wird das Urteil des Amtsgerichts –Familiengerichts– Haßfurt vom 23. Juni 1998 in Ziffer 2 abgeändert und das Gesuch der Antragsgegnerin, ihr die alleinige elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder …, und …, geb. … zu übertragen, abgelehnt.

Es verbleibt bei der gemeinsamen elterlichen Sorge.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Im übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung der ersten Instanz.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Durch Scheidungsurteil vom 23. Juni 1998 hat das Amtsgericht –Familiengericht– Haßfurt die elterliche Sorge für die beiden ehelich geborenen Kinder …, geb. …, und … geb. … ihrem Gesuch entsprechend auf die Antragsgegnerin übertragen. Gegen die ihm am 24. Juni 1998 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner am 24. Juli 1998 eingegangenen befristeten Beschwerde, die er mit am 24. August 1998 eingegangem Schriftsatz begründet hat. In der Sache verlangt er die Beibehaltung der seit 1. Juli 1998 als Regelfall vorgesehene gemeinsame elterliche Sorge. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung verwiesen.

Die Antragsgegnerin beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels und verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Hinweis auf ihre Auseinandersetzungen mit dem Antragsteller. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß §§ 629 a Abs. 2, 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 1 und Abs. 3, 516 und 519 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO zulässige befristete Beschwerde des Antragstellers hat auch in der Sache Erfolg.

Das Gesuch der Antragsgegnerin, ihr die alleinige elterliche Sorge zu übertragen, ist abzulehnen, weil es hierfür an der Zustimmung des Antragstellers fehlt und die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf die Antragsgegnerin auch nicht dem Wohl der Kinder am besten entspricht (§ 1671 Abs. 2 BGB). Es verbleibt damit bei der gemeinsamen elterlichen Sorge (§§ 1626 Abs. 1, 1627, 1629 Abs. 1 BGB).

Gemäß Art. 15 § 2 Abs. 4 des am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Kindschaftsreformgesetzes sind die darin enthaltenen materiellrechtlichen Vorschriften von diesem Tag an auch auf solche Verfahren anzuwenden, die bereits vorher anhängig waren. Maßgeblich ist damit § 1671 Abs. 2 BGB in der seit dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung. Danach kommt die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil allein nur dann in Betracht, wenn der andere Elternteil zustimmt oder festgestellt werden kann, daß die Übertragung dem Wohl der Kinder am besten entspricht. An der Zustimmung des Antragstellers fehlt es. Es läßt sich auch nicht feststellen, daß die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Antragsgegnerin dem Wohl der Kinder am besten entspricht.

Nach § 1687 Abs. 1 BGB n.F. trifft im Falle einer gemeinsamen elterlichen Sorge der Elternteil, bei dem sich die Kinder aufhalten, in alleiniger Kompetenz die Entscheidungen über Angelegenheiten des täglichen Lebens. Umgekehrt hat auch ein nichtsorgeberechtigter Elternteil nach § 1684 Abs. 1 BGB ein Recht auf Umgang mit den Kindern. Dies hat zur Folge, daß in Angelegenheiten des täglichen Lebens der Kinder regelmäßig kaum erhebliche Konflikte zwischen den Eltern entstehen können, während andererseits auch im Falle der Alleinsorge eines Elternteils Auseinandersetzungen mit dem geschiedenen Ehepartner nicht ausgeschlossen sind, weil aufgrund des Umgangsrechts weiterhin Kontakte notwendig sind und damit Reibungsflächen fortbestehen. Entscheidend ist deshalb, ob zwischen den Eltern zumindest in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für die Kinder (§ 1628 BGB) eine Art Grundkonsens besteht und beide über ein Mindestmaß an Kooperationsfähigkeit und Kooperationswilligkeit verfügen (ebenso OLG Oldenburg FuR 1999, 20). Dies ist hier der Fall.

Die Eltern sind sich einig darüber, daß die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Antragsgegnerin haben. Die von ihr ins Feld geführten Vorkommnisse stellen im wesentlichen, wie vom Jugendamt in seiner Stellungnahme vom 26. März 1996 bestätigt, nur Begleiterscheinungen im Rahmen der Umgangskontakte dar. Diese Meinungsverschiedenheiten würden auch im Falle einer alleinigen elterlichen Sorge der Antragsgegnerin im wesentlichen fortbestehen. Sie stellen deshalb keinen Grund dar, vom gesetzlichen Regelfall der gemeinsamen elterlichen Sorge abzuweichen. Auch ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit kann den Kindeseltern nicht abgesprochen werden. Die Zeugin … hat bei ihrer Einvernahme am 4. Februar 1999 überzeugend bestätigt, daß der Antragsteller und die Antragsgegnerin in zwei Jahren etwa zwölf Mal gemeinsam bei ihr waren und es bei den anschließenden Gesprächen fast immer gelungen ist, eine einvernehmliche Regelung zu erzielen. Sie hat ebenfalls bekundet, daß zwi...

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