Leitsatz

  1. Nutzung eines Teileigentums als "Sado/Maso-Studio" muss miteigentümerseits aus wohnungseigentumsrechtlicher Sicht nicht geduldet werden
  2. Keine bordellartigen Betriebe in Wohnungs- oder Teileigentum
 

Normenkette

(§§ 13 Abs. 1, 14, 15, 21 Abs. 3 und 4 WEG)

 

Kommentar

1. Ein Teileigentümer hatte seine Gewerbeeinheit verkauft, die seit 1998 an einen "Sado/Maso-Verein" vermietet war. Mit knapper Beschlussmehrheit gestattete die Gemeinschaft den "derzeitigen Betrieb". Die Gemeinschaft berief sich darauf, dass der Verein nur psychologische und medizinische Hilfe anbiete. Die Beschlussanfechtung hatte jedoch in allen drei Instanzen Erfolg.

2. Ist streitig, ob in einem vermieteten Teileigentum unter der Bezeichnung "Sado/Maso-Studio" ein bordellartiger Betrieb geführt oder nur psychologische und medizinische Hilfe für sado-masochistisch veranlagte Menschen angeboten wird, verstößt ein Eigentümerbeschluss, der generell die "derzeitige Nutzung" gestattet, bereits deshalb wohnungseigentumsrechtlich gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, weil mit seiner Bestandskraft dann auch der bordellartige Betrieb erlaubt würde. Insoweit muss nicht wohnungseigentumsgerichtlich aufgeklärt werden, ob in den vermieteten Räumen nur psychologische oder medizinische Hilfe angeboten wurde. Es ging nämlich vorliegend nicht um Unterlassungsansprüche gegen den Teileigentümer oder den betreibenden, auch im Vereinsregister eingetragenen Verein. Der Beschluss war vielmehr deshalb aufzuheben, weil er zu weit gefasst war; er konnte dahin interpretiert werden, dass damit auch ein bordellartiger Betrieb genehmigt werden sollte, für den im Übrigen auch die einschlägigen Annoncen in der Berliner Tagespresse und die Werbung im Internet sprachen. Nach allgemeinem Sprachgebrauch sei auch unter einem S/M-Verein ein bordellartiger Betrieb zu verstehen. Vorliegend sei es in der Vergangenheit auch zu diversen Beeinträchtigungen tagsüber und nachts gekommen, da Besucher bei verschlossener Haustüre sämtliche Klingelknöpfe drückten, im Haus auf der Suche nach dem Studio herumirrten und häufig gefragt hätten, "wo der Club sei"; es habe auch schon Polizeirazzien gegeben. Der Verkaufswert und die Vermietbarkeit anderer Wohnungen seien dadurch gemindert.

Im Vordergrund der Entscheidung stand deshalb die Frage, ob Eigentümer diesen Betrieb nach § 14 Nr. 1 WEG dulden müssen, was hier zu verneinen war. Auch eine geltungserhaltende Reduktion eines Eigentümerbeschlusses im Sinne einer Änderung des Wortlauts bei einer zu weiten Fassung kann vom Gericht im Rahmen einer Beschlussanfechtung nicht vorgenommen werden.

Auf die gewerberechtliche Seite (wie etwa eine Gaststättenkonzession unter dem Gesichtspunkt der Prostitution zu beurteilen sei) kam es nicht an (vgl. hierzu VG Berlin, GE 2001, 281). Ebenso wenig war entscheidend, ob die Vergütung für sexuelle Leistungen einklagbar und der Schlechterfüllungseinwand ausgeschlossen ist (vgl. Prostituiertengesetz v. 20.12.2001, BGBl I, 3983).

3. Bordellartige Betriebe sind auch mit der Zweckbestimmung von Wohnungs- und Teileigentum nicht zu vereinbaren (h.R.M., vgl. KG, NJW-RR 2000, 1253 = ZMR 2000, 402 = NZM 2000, 879 = ZWE 2000, 228 zu einem Sex-Shop; BayObLG, NJW-RR 2000, 1323 = ZMR 2000, 689 = NZM 2000, 871 zu einem Swinger-Club; OLG Karlsruhe, ZMR 2002, 218 zur Beherbergung von Prostituierten und Rauschgifthändlern).

4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in III. Instanz bei Geschäftswert von 7.500 EUR.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 20.03.2002, 24 W 56/01( KG Berlin v. 20.3.2002, 24 W 56/01)

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