1 Leitsatz

Sieht die Gebührensatzung einer Gemeinde für Gebührenschulden eine gesamtschuldnerische Haftung von Miteigentümern vor, besteht keine Verpflichtung des Satzungsgebers, Wohnungseigentümer von dieser Regelung auszunehmen und für sie eine lediglich persönliche Haftung zu begründen.

2 Normenkette

§ 27 Abs. 1, 2 ESA; § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K wendet sich im Wege eines Normenkontrollantrags gegen § 27 einer Satzung über die Erhebung von Entgelten für die öffentliche Abwasserbeseitigung (ESA). Danach haftet für die Abwasserbeseitigung jeder Miteigentümer des Grundstücks als Gesamtschuldner. K meint, die Wohnungseigentümer seien keine normalen Miteigentümer und wendet sich daher gegen die Anordnung der Gesamtschuld. Miteigentümer, die zugleich vertraglich eingeräumtes oder durch Teilung begründetes Sondereigentum an einer Wohnung hätten, müssten von sonstigen Miteigentümern einer Immobilie ohne Sonderrechte unterschieden werden.

Wohnungs- und Teileigentümer könnten nämlich ohne größeren Aufwand jeweils gesondert als Schuldner von Gebühren für Leistungen eines Ver- oder Entsorgungsunternehmens herangezogen werden. Dies gelte insbesondere dann, wenn in jeder Sonder- oder Teileigentumseinheit Zähler angebracht seien, die es ermöglichten, den Verbrauch pro Einheit exakt zu messen. Die Gemeinde hält dem entgegen, die angegriffene Regelung sei im Hinblick auf die Grundstücksbezogenheit der Schmutzwassergebühren nach der Rechtsprechung des BVerwG und auch des OVG Rheinland-Pfalz nicht zu beanstanden.

4 Die Entscheidung

Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg! Die Gemeinde sei nicht gehalten, Wohnungseigentümer von der in § 27 ESA vorgesehenen gesamtschuldnerischen Haftung auszunehmen und für sie – lediglich – eine Haftung für die auf das jeweilige Wohnungseigentum entfallende Gebührenschuld zu begründen. Das Kommunalabgabengesetz – KAG – enthalte für diesen Fragenkreis keine spezielle Vorschrift. Es beschränke sich auf die in seinem § 2 Abs. 1 Satz 2 getroffene Regelung, wonach die Satzung den Abgabenschuldner bestimmen müsse. Hierzu habe die Antragsgegnerin mit der angegriffenen Vorschrift das aus ihrer Sicht Erforderliche geregelt und auf eine Sonderbestimmung für Wohnungseigentümer verzichtet.

Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die "Teilrechtssubjektivität der Wohnungseigentümergemeinschaft" die Geltung einer im kommunalen Abgabenrecht statuierten gesamtschuldnerischen Haftung der Wohnungseigentümer für Grundbesitzabgaben nicht hindere (Hinweis auf BVerwG, Beschluss v. 11.11.2005, 10 B 65/05). Auch die Rechtsprechung mehrerer Obergerichte gehe davon aus, der Abgabengläubiger dürfe einen der Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner für die Gebührenschulden sämtlicher Wohnungseigentümer heranziehen (Hinweis auf BayVGH, Urteil v. 28.10.1996, 23 B 93.00006 und OVG Münster, Beschluss v. 19.8.2013, 9 E 398/13).

Dieser Rechtsprechung stehe nicht entgegen, dass aufgrund der in jeder Wohnungseinheit angebrachten Verbrauchszähler die von den jeweiligen Eigentümern in Anspruch genommene Leistung ihrem Umfang nach eindeutig zugeordnet werden könne. K übersehe, dass die gesamtschuldnerische Haftung nicht aufgrund von denkbaren Schwierigkeiten bei der Bemessung des jeweiligen Leistungsumfangs begründet worden sei. Maßgeblich sei vielmehr das uneingeschränkte Eintreten von Grundstückseigentümern für grundstücksbezogene Leistungen. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die gegenüber einem Grundstückseigentümer festgesetzten grundstücksbezogenen Benutzungsgebühren als öffentliche Last i. S. d. § 7 Abs. 7 KAG auf dem Grundstück ruhen würden. Dies gelte auch für eventuelle Abwasserbeseitigungsgebühren, die nach der Entgeltsatzung Abwasserbeseitigung der Antragsgegnerin gegenüber Wohnungseigentümern festgesetzt werden.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Überprüfung der Satzung einer Gemeinde. Dies ist auf 3 Wegen möglich. Ein Weg ist ein Antrag zur Entscheidung über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt (abstraktes Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das OVG entscheidet durch Urteil oder, wenn es – wie im Fall – eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluss. Neben diesem Weg besteht die Möglichkeit, die Satzung im Zusammenhang mit einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der auf Grundlage der Satzung erlassen wurde, inzident auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Im Übrigen kann die Satzung durch eine – subsidiäre – Verfassungsbeschwerde angegriffen werden.

Im Fall hat ein Wohnungseigentümer den...

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