Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit bestimmter Arten von Nutzungen: besonderes Wohngebiet. Gebäude und Räume für freie Berufe. Beruf, freier. Gliederung. Wohngebiet, besonderes. Zulässigkeit (Nutzungen). Zweckbestimmung, allgemeine

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Festsetzung eines besonderen Wohngebiets ist nicht gerechtfertigt, wenn die vorhandene Wohnbebauung so dominiert, dass sich das Gebiet nach seiner Nutzungsstruktur von einem allgemeinen Wohngebiet nur unwesentlich unterscheidet. Gleiches gilt, wenn Gewerbebetriebe nicht oder nur in geringer Anzahl ohne nennenswerten Einfluss auf die Eigenart des Gebietes vorhanden sind.

2. Eine Gliederung, die die das besondere Wohngebiet mitprägenden gewerblichen Nutzungen vollständig ausschließt oder unzumutbar einschränkt, verstößt gegen die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets nach § 4a Abs. 1 Satz 2 BauNVO.

3. Der Ausschluss von Räumen und Gebäuden für freie Berufe nach § 1 Abs. 5 BauNVO verfehlt den Zweck des besonderen Wohngebiets.

 

Normenkette

BauNVO 1 IV; BauNVO 1 V; BauNVO 13; BauNVO 4a

 

Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan … der Antragsgegnerin.

Die Antragsteller sind Miteigentümer des im Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans gelegenen Hausgrundstücks M.straße 15 (Flurstück 4294/54 der Flur 7 der Gemarkung O.), das mit einer vor 1900 errichteten Villa zweieinhalbgeschossig mit Souterrain bebaut ist. Sie betreiben dort ein Büro für Garten- und Landschaftsarchitektur unter „wohnmäßigen” Bedingungen ohne Angestellte.

Der Rat der Antragsgegnerin beschloss am 18. November 1974 die Aufstellung des Bebauungsplans. Eine erste Auslegung des Planentwurfes fand im Jahr 1985 statt. Nach Veränderung der Planung lag der Bebauungsplan in der Zeit vom 4. März bis 9. April 1996 erneut aus. Die Antragsteller machten mit Schriftsatz vom 6. April 1996 Anregungen und Bedenken geltend. Der Rat der Antragsgegnerin behandelte die eingegangenen Stellungnahmen in seiner Sitzung vom 17. Juni 1996 und wies sie zurück, soweit er sie nicht teilweise berücksichtigte. Aufgrund neuer Überlegungen beschloss der Rat, den Planbereich nordwestlich der M.straße und im Bereich der R.straße zu erweitern und den Plan nach Maßgabe von § 3 Abs. 3 BauGB erneut öffentlich in der Zeit vom 11. Juli bis zum 19. August 1996 auszulegen. Der Rat der Antragsgegnerin beschloss den angegriffenen Bebauungsplan in seiner Sitzung vom 16. Dezember 1996 als Satzung. Die Durchführung des Anzeigeverfahrens wurde am 23. Mai 1997 bekannt gemacht.

Der Geltungsbereich des Bebauungsplans erfasst den östlichen Teil des D.viertels, das im Wesentlichen von 1866 bis etwa 1880 mit drei- bzw. vierachsigen giebelständigen Häusern mit ausgebautem Dachgeschoss bebaut wurde. Kennzeichnend sind eine einheitliche Baulinie mit kleinen Vorgärten, die Aneinanderreihung der Häuser mit relativ einheitlichen Gebäudefronten von 10 – 12 m, ein schmaler Bauwich (z.T. nur 1-2 m) zum Nachbargrundstück und schmale, in die Tiefe gehende Grundstücksparzellen. Das ursprüngliche D.viertel wurde als reines Wohngebiet geplant. In den letzten Jahrzehnten verzeichnete die Antragsgegnerin eine deutliche Zunahme der Nichtwohnnutzungen.

Wesentliches Ziel des Bebauungsplans ist es, die Wohnnutzung und die bauliche Struktur im Planbereich zu sichern. Gleichzeitig soll der durch Tertiärnutzungen ausgelöste Verdrängungsprozess gestoppt werden. Die Antragsgegnerin geht davon aus, dass es sich beim D.viertel um ein im Wesentlichen bebautes Areal handelt, das den Gebietscharakter eines besonderen Wohngebietes aufweise. Nach der Begründung zu dem Bebauungsplan soll die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden. Es wird deshalb neben den öffentlichen Grünflächen (u.a. C.platz) und einem Sondergebiet für das Staatstheater ein besonderes Wohngebiet festgesetzt, das nach § 1 Abs. 1 – Abs. 3 der textlichen Festsetzungen wie folgt hinsichtlich der Art der Nutzungen geordnet wird:

Art der baulichen Nutzung

(1) Im besonderen Wohngebiet 1 (WB 1) sind die gem. § 4 a Abs. 2 Nr. 2 der Baunutzungsverordnung (Stand: 23.01.90) allgemein zulässigen Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften sowie die Ausnahmen gem. § 4 a Abs. 3 nicht zulässig. Die gem. § 4 a Abs. 2 Nr. 3 der BauNVO allgemein zulässigen sonstigen Gewerbebetriebe sind im Sinne des § 13 BauNVO nur zulässig für Gewerbetreibende, die ihren Beruf ähnlich freiberuflich Tätiger ausüben.

(2) Im besonderen Wohngebiet 2 (WB 2) sind die gem. § 4 a Abs. 2 Nr. 2, 3 und 4 der BauNVO allgemein zulässigen Nutzungen sowie die Ausnahmen gem. § 4 a Abs. 3 nicht zulässig. Unzulässig sind gem. § 1 Abs. 5 BauNVO Gebäude für freie Berufe, zulässig sind Räume für freie Berufe.

In Gebäuden sind gem. § 4 a Abs. 4 Nr. 2 der BauNVO mind. 2/3 der zulässigen bzw. ausnahmsweise zulässigen Geschossfläche gem. § 2 dieser Satzung für Wohnungen zu verwenden.

(3) Im besonderen Wohngebiet 3 (WB 3) sind die gem. § 4 a Abs. 2 Nr. 2, 3, 4 und 5 der BauNVO allgemein zulässigen Nutzungen sowie di...

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