Rz. 113

Der Richter kann die Höhe des Unterhalts ändern bzw. den Unterhalt zur Gänze absprechen. Das Gesetz sieht drei Gründe für die Änderung des Unterhalts vor; sie sind auf Blutsverwandte und Verschwägerte (obwohl das meines Erachtens nie geschieht) sowie auf (Ex-)Ehegatten und (Ex-)Partner anzuwenden:[125]

Eine Entscheidung oder eine Vereinbarung über den Lebensunterhalt kann durch eine nachfolgende Entscheidung geändert werden, wenn sie aufgrund der Umstandsklausel den gesetzlichen Kriterien nicht mehr entspricht (Art. 1:401 Abs. 1 BW). Dieser Änderungsgrund kommt am häufigsten zur Anwendung. Damit gemeint sind größere Änderungen des Einkommens des Unterhaltsverpflichteten, etwa aufgrund von Konkurs, Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Aufnahme einer Erwerbstätigkeit.
Die Entscheidung über den Lebensunterhalt kann geändert werden, wenn sie von Anfang an dem Gesetz nicht entsprach, weil der Entscheidung unrichtige oder unvollständige Daten zugrunde gelegt wurden (Art. 1:401 Abs. 4 BW). Zu denken ist hier an die im Zeitpunkt der Feststellung der Unterhaltsverpflichtung aufgestellte Hypothese, der Unterhaltsberechtigte werde aufgrund einer Erwerbstätigkeit eigenes Einkommen erzielen können, die sich im Nachhinein als falsch herausstellt.
Eine Vereinbarung über den Lebensunterhalt kann weiterhin geändert werden, wenn sie auf einer groben Verletzung gesetzlicher Maßstäbe beruht (Art. 1:401 Abs. 5 BW).[126]
 

Rz. 114

Die Unterhaltspflicht endet durch den Tod; der Richter kann aus diesem Grund bei der Unterhaltsfeststellung den Unterhaltsbedarf im Falle des Versterbens des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigen (Art. 1:157 Abs. 2 BW). Die Pflicht zur Leistung des nachehelichen Unterhalts durch den früheren Ehegatten[127] endet auch mit neuerlicher Eheschließung, Eingehen einer registrierten Partnerschaft bzw. Zusammenleben des Unterhaltsberechtigten mit einer anderen Person (so der am 1.1.1998 geänderte Art. 1:160 BW), welches jenem in einer Ehe oder in einer registrierten Partnerschaft gleicht. Gemäß Art. 1:160 BW fällt die Unterhaltspflicht ex lege weg.[128] Die Frage, ob die Unterhaltspflicht tatsächlich weggefallen ist, kann jedoch dem Richter zur Entscheidung vorgelegt werden. Der Wegfall der Unterhaltspflicht nach Art. 1:160 BW ist endgültig, sodass die Beendigung des Zusammenlebens nicht zum Wiederaufleben der früheren Unterhaltsverpflichtung führt.[129] Es kommt regelmäßig vor, dass die Ehegatten in ihrer Scheidungsvereinbarung (echtscheidingsconvenant) verabreden, dass ein Ex-Ehegatte eine gewisse Zeitspanne, etwa 6 Monate, mit einem neuen Partner zusammenleben darf – quasi um das Zusammenleben auszuprobieren – bevor der Unterhalt endet.

 

Rz. 115

Auf Antrag eines Ehegatten kann der Richter den Unterhalt bedingt und befristet zuerkennen. Am 1.7.1994 ist das Gesetz über die Begrenzung des Unterhalts (Wet Limitering Alimentatie, WLA) in Kraft getreten.[130] Damit fanden die "lebenslangen" Unterhaltsverpflichtungen ein Ende. Hat der Richter keinen Zeitraum festgehalten,[131] dann endete die Unterhaltsverpflichtung ex lege nach Ablauf von 12 Jahren bis zum 31.12.2019; der Fristenlauf beginnt am Tage der Eintragung der Entscheidung in die Zivilstandsregister (Art. 1:157 Abs. 4 BW). Seit dem 1.1.2020 ist die Höchstdauer stark befristet. (siehe Rdn 104105). Auch in dem neuen Gesetz sind Ausnahmen ermöglicht.

[125] Dass diese Bestimmung auf beide Kategorien anzuwenden ist, wurde in der Entscheidung des Hoge Raad vom 28.5.1971, NJ 1971, 371, festgehalten.
[126] De Jong/Timmermans, Wijziging van alimentatie in tijden van (corona)crisis, über den Einfluss der Corona-Krise auf die Möglichkeit, den Partnerlebensunterhalt zu ändern.
[127] Das Gesetz spricht von "früheren" Ehegatten. Deshalb führt das bereits beendete Zusammenleben mit einer anderen Person – vor der Eintragung der Ehescheidung – nicht zur in Art. 1:160 BW genannten Rechtsfolge. Siehe HR 12.4.1996, NJ 1997, 56 mit Kommentar JdB. Verg. HR 7.10.1977, NJ 1978, 312.
[128] HR 22.7.1981, NJ 1982, 12.
[129] HR 17.12.1999, NJ 2000, 122.
[130] Gesetze vom 28.4.1994, Stb. 1994, 324, 325; Kamerstukken 19 295 und 22 170. Der HR 17.1.1997, NJ 1997, 434, entschied, dass die WLA weder gegen die EMRK noch gegen die Diskriminierungsverbote des IPBPR verstößt. Zur Limitierung siehe Roijakkers, NJB 2001, 620–624 (sowie eine Reaktion auf S. 1040 f.).
[131] Siehe HR 28.3.1997, NJ 1997, 382. Siehe auch HR 19.4.1996, NJ 1997, 57.

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