Gesetzestext

 

Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Der verfahrensmäßige Teil des bisherigen AGB-Rechts war im AGBG in den §§ 13 ff. enthalten.

 

Rz. 2

Mit Wegfall des AGBG durch die Schuldrechtsnovelle ist der verfahrensmäßige Teil gesondert geregelt, also nicht, wie der materielle Teil des AGBG, Bestandteil des BGB geworden. In Art. 3 des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ist ein über den Bereich von AGB hinausgehendes Unterlassungsklagengesetz (UKlaG)[1] verkündet worden, das sich in § 1 auf AGB, in § 2 jedoch auch auf Verstöße gegen sonstige Verbraucherschutzgesetze bezieht. Hierdurch ist das AGB-Recht leider in zwei Teile gespalten worden, wodurch die Übersichtlichkeit leidet, inhaltlich aber keinerlei Vorteile für das AGB-Recht geschaffen worden sind.

 

Rz. 3

Hintergrund ist folgender: Das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben die Richtlinie 98/27/EG[2] verabschiedet, wonach europaweit eine Unterlassungsklage zum Schutz der Verbraucherinteressen durch "qualifizierte Einrichtungen" ermöglicht werden muss.

 

Rz. 4

Das AGB-Verbandsverfahren findet sich nun im Unterlassungsklagengesetz, das nicht nur bei Verwendung unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen gilt, sondern auch sonstige verbraucherschützende Normen einer Verbandsklage unterwirft.

 

Rz. 5

Ein Verbandsklagerecht, das über das Unterlassungsklagengesetz hinausgeht, ist verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten.[3]

 

Rz. 6

Die Klagebefugnis ist in § 3 UKlaG geregelt, die Zuständigkeit in § 6 UKlaG. Der Klageantrag ist in § 8 UKlaG, die Urteilsformel in § 9 UKlaG und Einwendungen wegen abweichender Entscheidungen sind in § 9 UKlaG geregelt.

 

Rz. 7

Damit ergibt sich Folgendes:

Verwendet ein Kaufmann in seinen AGB eine oder mehrere unzulässige Klauseln, kann gegen ihn Unterlassungsklage erhoben werden. Gleiches gilt bei Empfehlung von unwirksamen AGB für den rechtsgeschäftlichen Verkehr.
Klagebefugt sind nur qualifizierte Einrichtungen, rechtsfähige Verbände, nicht aber der einzelne Vertragspartner.
Zu den klageberechtigten Verbänden gehören Verbraucherzentralen, öffentlich geförderte Verbraucherver­bände, Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen, Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern.
Klagegegner ist in erster Linie der AGB-Verwender. Es kann aber auch derjenige auf Widerruf in Anspruch genommen werden, der für den rechtsgeschäftlichen Verkehr unwirksame Klauseln empfiehlt.
Auf das Verfahren finden mit wenigen Ausnahmen die Vorschriften der Zivilprozessordnung Anwendung. Ausschließlich zuständig ist das Landgericht.
Das Urteil erfasst nicht nur die beanstandete Klausel in bestimmten AGB, sondern verbietet dem Beklagten auch die Verwendung inhaltsgleicher Bestimmungen in anderen AGB.
[1] Kommentierungen bei UBH/Witt; Köhler/Bornkamm/Köhler; WLP/Lindacher; Prütting/Gehrlein, ZPO; Palandt/Grüneberg; Erman/Roloff; Staudinger/Schlosser; AK/Walker; Übersicht bei Niebling, MDR 2012, 1071 und NJ 2016, 309.
[2] Vom 19.5.1998, ABl Nr. L 166 vom 11.6.1998, S. 51 ff.; Abdruck auch in EWS 1998, 447.
[3] BGH v. 30.3.2011, KVZ 100/10; BVerfG NVwZ 2001, 1148.

B. Unterlassung und Widerruf

 

Rz. 8

Wenn AGB-Klauseln unwirksam sind, kann der AGB-Verwender auf Unterlassung und der AGB-Empfehler auf ­Widerruf in Anspruch genommen werden. Die Ansprüche verjähren in drei Jahren vom Zeitpunkt der Kenntnis an (§ 195 BGB). AGB-Empfehler sind vor allem Wirtschaftsverbände und Berufsvereinigungen, die für ihre Mitglieder einheitliche und auf deren Bedürfnisse zugeschnittene AGB aufstellen und zur Verwendung empfehlen. Solche sog. Konditionen-Empfehlungen bedürfen keiner Genehmigung des Bundeskartellamts.[4]

 

Rz. 9

Damit dürften auch AGB, die kaum lesbar sind, abgemahnt werden können.

 

Rz. 10

Zu den Verbraucherschutzvorschriften gehört auch § 306a BGB, jedenfalls wenn das Kollektivinteresse von Verbrauchern berührt ist.[5]

Die Konstruktion der Unterlassungsklage ist nicht neu; sie findet eine Parallele in § 8 UWG, wo ebenfalls bestimmten Verbänden – allerdings neben einzelnen betroffenen Gewerbetreibenden – die Befugnis zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen eingeräumt wird.[6]

 

Rz. 11

Eine Verwendung ist nicht erst dann zu bejahen, wenn die AGB mindestens einem Rechtsgeschäft zugrunde gelegt wurden. "Einmalklauseln" indizieren die Mehrfachverwendung und stehen daher AGB gleich.[7]

Schutzobjekt ist nicht der einzelne Kunde, sondern der Rechtsverkehr, der von unzulässigen Klauselwerken freigehalten werden soll.[8] Schutzobjekt ist weiter der Grundsatz der Vertragsfreiheit, der sich nicht in der bloßen Abschlussfreiheit erschöpfen soll. Demzufolge ist ein Verwenden schon dann zu bejahen, wenn die betreffenden Klauseln in Verbindung mit Angeboten oder der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten im rechtsgeschäftlichen Verkehr gebraucht werden. ...

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