Rz. 31

Dem Klauselverbot des § 309 Nr. 7b BGB misst der BGH im unternehmerischen Geschäftsverkehr ebenfalls grundlegende Bedeutung bei. Seiner Meinung nach ist ein vollständiger Ausschluss der Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für sonstige Schäden auch gegenüber einem Unternehmer unzulässig.[54] Der BGH verweist auch in diesem Zusammenhang auf seine Rechtsprechung zur Haftung für wesentliche Vertragspflichten, indem er betont, dass eine Haftungsbeschränkung nicht dazu führen dürfe, "dass der Klauselverwender von Verpflichtungen befreit wird, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertraut und vertrauen darf"[55] (siehe oben Rdn 24). Nach Ansicht des BGH darf ein Unternehmer ebenso wie ein Verbraucher darauf vertrauen, dass sein Vertragspartner ihn nicht grob fahrlässig oder gar vorsätzlich schädigt. Deshalb besteht auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr – unabhängig vom handelnden Personenkreis und der Art der Pflichtverletzung – ein grundsätzliches Haftungsfreizeichnungsverbot für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz.[56]

 

Rz. 32

Zwar hat der BGH in der Vergangenheit Haftungsausschlüsse des Verwenders für grob fahrlässige Pflichtverletzungen seiner Erfüllungsgehilfen in Werft-[57] und Frachtverträgen[58] im Einzelfall als zulässig angesehen. Sowohl nach Ansicht der Judikatur als auch nach verbreiteter Auffassung im Schrifttum handelt es sich dabei aber um nicht verallgemeinerungsfähige Ausnahmen, deren Grundsätze nicht pauschal auf andere Vertragstypen oder Fallkonstellationen übertragbar sind.[59] Die Wirksamkeit der dortigen Haftungsklauseln wurde mit Rücksicht auf die in den Werft- bzw. Frachtverträgen herrschenden branchentypischen Besonderheiten und Handelsübungen begründet. Dabei spielten vor allem die Möglichkeit der eigenen Schadensabwendung durch den Vertragspartner und/oder der bestehende vollumfängliche Versicherungsschutz durch die Kasko- bzw. Speditionsversicherung eine maßgebliche, aber nicht alleinige Rolle bei der Angemessenheitsprüfung nach § 307 BGB.[60]

[56] BGH, Urt. v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774, 3775; zustimmend Palandt/Grüneberg, § 309 Rn 55; UBH/Christensen, § 309 Nr. 7 Rn 43 und 45; v. Westphalen/v. Westphalen, Freizeichnungs- und Haftungsbegrenzungsklauseln Rn 38.
[57] BGH, Urt. v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, NJW 1988, 1785, 1788 (Haftungsausschluss in Dock- und Reparaturbedingungen einer Seeschiffswerft).
[58] BGH, Urt. v. 14.4.1988 – I ZR 8/86, NJW-RR 1988, 1437 (§ 41a ADSp a.F.); BGH, Urt. v. 10.10.1985 – I ZR 124/83, NJW 1986, 1434 (§ 41a ADSp a.F.). Nach den alten ADSp schloss der Spediteur regelmäßig auf Kosten des Versenders eine Speditionsversicherung ab (§ 39a ADSp a.F.). Dies führte zu einer vollständigen Haftungsbefreiung des Spediteurs (§ 41a ADSp a.F.) und zu einem unbegrenzten Direktanspruch des Versenders gegen den Speditionsversicherer. Der Spediteur konnte sich auch auf den Haftungsausschluss berufen, wenn der Schaden durch den Spediteur oder einen leitenden oder nicht leitenden Angestellten grob fahrlässig verursacht wurde.
[59] So ausdrücklich unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH, Urt. v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, NJW 1988, 1785, 1788 (Haftungsausschluss in Dock- und Reparaturbedingungen einer Seeschiffswerft) BGH, Urt. v. 14.11.2000 – X ZR 211/98, NJW-RR 2001, 342, 343; zustimmend Beck'scher Online-Kommentar/Becker, BGB § 309 Nr. 7 Rn 49; UBH/Christensen, § 309 Nr. 7 Rn 44; keine Übertragung dieser Maßstäbe auf andere Vertragstypen, Staudinger/Coester, § 307 Rn 446.
[60] Als weitere Gründe führt der BGH, Urt. v. 10.10.1985 – I ZR 124/83, NJW 1986, 1434 insbesondere an, dass der Speditionsversicherer weitergehend haftet als der Spediteur haften würde und dass der Speditionsversicherer auf die dem Spediteur zustehenden Einwendungen über den Ausschluss oder die Minderung der gesetzlichen Haftung verzichtete. Ferner war zu berücksichtigen, dass die Spitzenverbände der Wirtschaft die Neufassung der ADSp (1978) und damit dem sie tragenden Gedanken, der Ersetzung der Haftung des Spediteurs durch den Speditionsversicherer, zugestimmt haben, einer Regelung, die so seit über 50 Jahren gegolten und die Anerkennung der beteiligten Verkehrskreise gefunden hatte.

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