Rz. 13

Dauerschuldverhältnisse werden ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des § 309 Nr. 1 BGB ausgenommen. Dies rechtfertigt der Gesetzgeber mit einem erhöhten anerkennenswerten Bedürfnis nach der Anpassung von Preisen an veränderte Umstände bei einer mehrjährigen Vertragslaufzeit.[31] Im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen einbezogene formularmäßige Preiserhöhungsklauseln unterliegen damit nicht dem strikten Verbotstatbestand des § 309 Nr. 1 BGB, ihre Wirksamkeit bemisst sich indes nach § 307 BGB.[32] Dauerschuldverhältnisse sind durch die Erbringung einer dauernden oder wiederkehrenden Leistung gekennzeichnet, wobei der Gesamtumfang der Leistungen von der Dauer der Rechtsbeziehung abhängt.[33] Beispiele hierfür sind etwa Miet- und Pachtverträge, Versicherungsverträge, Bausparverträge und Darlehensverträge. Sukzessivlieferungsverträge und Wiederkehrschuldverhältnisse werden nach der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung ebenfalls hierzu gezählt.[34]

 

Rz. 14

Bei Dauerschuldverhältnissen, die für eine Zeit von weniger als vier Monaten vereinbart worden sind, findet § 309 Nr. 1 BGB keine Anwendung.[35] Tritt jedoch bei einem Vertrag die Eigenschaft als Dauerschuldverhältnis völlig in den Hintergrund, etwa bei einem Mietvertrag über ein Hotelzimmer für einen Tag oder bei einem Kraftfahrzeug-Versicherungsvertrag für einen einzelnen Transport, kann ausnahmsweise § 309 Nr. 1 BGB anzuwenden sein.[36] Davon unabhängig können Preiserhöhungsklauseln bei Dauerschuldverhältnissen, die den Zeitraum von vier Monaten nicht überschreiten, gemäß § 307 BGB unter Berücksichtigung der Wertung des § 309 Nr. 1 BGB unwirksam sein.[37] Dies entspricht auch der gesetzgeberischen Wertung.[38] Raten- oder Teillieferungsverträge sind keine Dauerschuldverhältnisse,[39] sodass auf diese Vertragsarten § 309 Nr. 1 BGB anzuwenden ist.

[31] BT-Drucks 7/3919, 27.
[32] BGHZ 93, 252, 256 (zu § 9 AGBG).
[33] Palandt/Grüneberg, § 314 Rn 2.
[34] BGH NJW-RR 1986, 211, 212; UBH/Fuchs, § 309 Nr. 1 Rn 26. Die dogmatische Abgrenzung der Wiederkehrschuldverhältnisse von Sukzessivlieferverträgen war insbesondere dem seinerzeitigen Konkursrecht geschuldet. Mit der Insolvenzordnung hat diese Frage an Bedeutung verloren. Für Aufgabe des Begriffs "Wiederkehrschuldverhältnis" WLP/Dammann, § 309 Rn 23.
[35] UBH/Fuchs, § 309 Nr. 1 Rn 27; für eine analoge Anwendung des § 309 Nr. 1 BGB auf Dauerschuldverhältnisse von weniger als vier Monaten dagegen Staudinger/Coester-Waltjen, § 309 Nr. 1 Rn 3.
[36] Hansen, VersR 1988, 1110, 1112; Palandt/Grüneberg, § 309 Rn 6; abl. WLP/Dammann, § 309 Rn 26.
[37] Vgl. WLP/Dammann, § 309 Rn 26.
[38] BT-Drucks 7/3919, 27 f.
[39] Staudinger/Coester-Waltjen, § 309 Nr. 1 Rn 3.

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