Rz. 1

§ 307 BGB ist die Generalklausel und das Kernstück der Inhaltskontrolle (vgl. auch Vor § 307 BGB Rdn 1 ff.). Unwirksam ist hiernach, was entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Geschützt wird der Vertragspartner des Verwenders, nicht dieser und grundsätzlich auch nicht ein Dritter. Das Transparenzgebot ist eine (negative) Ausprägung unangemessener Benachteiligung. Verstöße gegen Abs. 2 stellen an sich nur eine Vermutung unangemessener Benachteiligung dar, eine Entkräftung ist praktisch nur durch Kompensation möglich. Eine Benachteiligung ist durch Interessenabwägung unter einem objektiven gesetzlichen Maßstab festzustellen. Die Risikoverteilung unter den Parteien darf nicht einseitig gestört werden. Dies ist anzunehmen, wenn berechtigte Interessen des anderen Teils nicht angemessen berücksichtigt werden. Erforderlich ist eine Benachteiligung von Gewicht, eine erhebliche und spürbare Benachteiligung.[1] Der Beurteilungsmaßstab hierfür ist ein genereller. Dies gilt gleichermaßen im Individual- wie im Verbandsverfahren, bei Verwendung von AGB gegenüber Verbrauchern und gegenüber Unternehmen. Hieran ändert § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB für den B2C-Verkehr nichts. Hierdurch werden jedoch zugunsten des Verbrauchers zusätzliche Umstände berücksichtigt, sodass die Schwelle auf § 242 BGB zurückzugreifen erhöht wird. Diese individuellen Aspekte werden hier in einem zweiten Prüfungsschritt zugunsten des Verbrauchers berücksichtigt. Die generelle Interessenbewertung hat darauf abzustellen, welche Interessen typischerweise an einem derartigen Vertragstyp Beteiligte haben. Weder im Verbands- noch im Individualverfahren steht der individuelle Konflikt im Zentrum der Überprüfung. Der Rechtsverkehr soll ja generell von unwirksamen Klauseln befreit werden; es würde befremden, wenn im Individualverfahren die Klausel gebilligt würde, im Verbandsverfahren dagegen nicht und umgekehrt.

 

Rz. 2

Eine Haftungsklausel ist deshalb unwirksam, wenn sie typische Konstellationen nicht berücksichtigt, in denen die Haftung nicht ausgeschlossen werden darf. Es kommt also nicht darauf an, ob eine solche Konstellation im konkreten Fall vorliegt. Besondere Vertragsarten und Kundengruppen können berücksichtigt werden, wenn das Gesetz Anhaltspunkte für eine Differenzierung gibt (siehe Vor § 307 BGB Rdn 58). Darüber hinaus zeigen die §§ 308 und 309 BGB Beispiele möglicher Differenzierungen und der Berücksichtigung individueller Umstände. Eine Berücksichtigung des Gesichtspunkts besonderer Geschäftserfahrung ist jedoch auch hiernach nicht möglich.[2] Klauseln, die für sich betrachtet noch zulässig sind, können im Zusammenhang mit anderen Klauseln unzulässig sein.[3]

[1] WLP/Pfeiffer, § 307 Rn 76.
[2] Niebling, BB 1992, 717; Heinrichs, NZM 2005, 201; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn 10; anders wohl WLP/Wolf, § 307 Rn 91 und 183.
[3] BGH v. 9.12.2010 – VII ZR 7/10 (Vertragserfüllungsbürgschaft); OLG Köln v. 22.7.2008 – 15 U 229/07; Niebling, BB 1992, 717.

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