Leitsatz

Erfährt die Ehefrau 3 Tage nach der Eheschließung telefonisch von einer Freundin, dass der Ehemann ihr gerade seine Liebe offenbart habe und wird ihr später bekannt, dass der Mann zudem schon am Tag vor der Hochzeit eine entsprechende E-Mail geschickt habe, begründet dies allein keine unzumutbare Härte, die eine Scheidung der Ehe vor Ablauf des Trennungsjahrs rechtfertigen würde.

 

Sachverhalt

3 Tage nach der Hochzeit erfuhr eine Frau, dass ihr Mann in Wahrheit gar nicht sie, sondern ihre beste Freundin liebt. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der un­schlüssige Ehemann schon am Abend vor der Hochzeit der betreffenden Freundin per E-Mail seine Liebe offenbart hatte. Nicht einmal 3 Monate nach der Eheschließung reichte sie deshalb die Scheidung ein. Für das Scheidungsverfahren beantragte sie Verfahrenskostenhilfe, die ihr vom Familiengericht mit der Begründung versagt wurde, dass das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen und ein Scheidungsantrag derzeit unschlüssig sei. Die bloße Zuwendung zu einem neuen Partner stelle nur einen Zerrüttungsgrund dar und führe nicht bereits dazu, dass das Zuwarten bis zum Ab­­lauf des Trennungsjahrs unzumutbar sei.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg. Dabei hatte die Frau ergänzend Umstände vorgetragen, der Noch-Ehemann plane in Kürze mit seiner neuen Partnerin in die USA auszuwandern. Sie selbst beabsichtige, nach Nepal zu reisen, um dort den Buddhismus zu studieren. Somit bestehe keine Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft.

Auch das OLG vermochte jedoch keinen Härtegrund nach § 1565 Abs. 2 BGB zu erkennen. Zwar habe die Ehefrau die Voraussetzungen für das Scheitern der Ehe hinreichend dargetan. Die Scheidung setze aber darüber hinaus ein 1-jähriges Ge­trenntleben voraus. Vor Ablauf des gesetzlichen Trennungsjahrs könne die Ehe nur geschieden werden, wenn ihre Fortsetzung für die Antragstellerin aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine "unzumutbare Härte" darstelle.

Ohne einen solchen Härtegrund sei das erste Trennungsjahr auch abzuwarten, wenn das Scheitern der Ehe feststehe. Es gehe nicht darum, ob die Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft überhaupt noch zu erwarten ist, sondern darum, dass solche Umstände in der Person des anderen Ehegatten vorliegen. Nicht jede Aufnahme einer außerehelichen Lebensgemeinschaft mit einem Dritten begründe die Unzumutbarkeit für den anderen Ehegatten, das Trennungsjahr abzuwarten, sondern nur bei Hinzutreten weiterer Umstände. Damit werde nicht der Treuebruch selbst bagatellisiert, sondern der gesetzgeberischen Wertung Rechnung getragen, die eben das Vorliegen einer unzumutbaren Härte verlangt. Dass die Ehe von den Ehegatten als gescheitert angesehen wird und beide eine grundlegend unvereinbare weitere Lebensplanung haben, genügt für sich genommen nicht.

Hier liege zwar ein ehelicher Treuebruch vor, der bereits wenige Tage nach der Ehe­­schließung offenkundig geworden sei. Es sei auch nachvollziehbar, dass dies die Kom­­promittierte erheblich psychisch belastet hat. Jedoch sei nicht zu erkennen, dass diese Umstände allein eine unzumutbare Härte begründen würden, welche bereits eine Abkürzung des gesetzlich vorgegebenen Trennungsjahrs rechtfertigen würden. Deshalb müssten weitere Umstände wie z.B. die Darstellung in der Öffentlichkeit oder ein ehebrecherisches Verhältnis in der früheren Ehewohnung, hinzutreten, die es für den anderen Ehegatten als entwürdigendes Unrecht erscheinen lassen. Das OLG stellt Überlegungen an, unter welchen Umständen sowie die Begleitumstände eines Treuebruchs die Annahme eines Härtegrunds rechtfertigen könnten.

Als Grund für die Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahrs seien in der Rechtsprechung anerkannt: Geschlechtsverkehr mit der vorehelichen Tochter der Frau, mit Familienangehörigen oder der Schwägerin; den Ehebruch, der auch für Dritte in einer kleinen Gemeinde offensichtlich ist; wenn der Ehebruchspartner in die eheliche Wohnung aufgenommen wird oder zur Verletzung der Treuepflicht weitere demütigende Umstände hinzukommen, z.B. die Aufforderung zum Geschlechtsverkehr zu dritt nach Entdeckung des ehebrecherischen Verhältnisses; eine schwere Härte könne auch anzunehmen sein, wenn der Mann die Frau unmittelbar nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes verlässt, um mit einer anderen Frau eheähnlich zusammenzuziehen.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 28.07.2010, 33 WF 1104/10.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge